DT oder SD?

25/11/2022

Kommentar

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Wir kennen das Bild dieses Posts (im Hintergrund) – ein weiterer Versuch den »Design-Thinking-Prozess darzustellen (den es als einzige und immer gleiche Form nicht gibt), dieses mal 6stufig – und manche fragen sich: Ist das denn nicht eher Servicedesign?

Die Antwort ist Ja und Nein, oder besser, »nicht nur«.

Ja, das sind (auch!) die Phasen im Servicedesign.

Nein, es ist Design-Thinking, denn nachdem die Herangehensweise der Designer (und Kreativen, und Philosophen, und Regisseure, und Erfinder, und Forscher, etc.) die Grundlage für jede Design-Disziplin ist, gilt diese Darstellung auch für Design-Thinking.

Ich habe darüber mit den Studenten an der Donau-Universität in Krems debattiert und einen kleinen Absatz nach dem Innovation-Briefing Ende September im Bericht zu Nr. 19 geschrieben.

Das abduktive Schließen des Design-Thinkings erfordert diesen Zyklus. Wir Gestalter wenden ihn instinktiv an, weil wir vor 30…40... Jahren nicht anders darin ausgebildet wurden als durch die Anweisung: sieh, das ist deine Aufgabe; löse sie; überlege dir, was du brauchst; prüfe, prototypisiere, realisiere. 

Also tasteten wir uns vor und wühlten in den Informationen, pilgerten zur Nationalbibliothek, kopierten bis die Copy-Cards leer waren, sammelten Fakten, kopierten weiter, stapelten die Informationen und irgendwie verknüpften sich die Synapsen auf vorteilhafte Weise. Einige beobachteten aufmerksamer und schufen bessere Lösungen, die Evolution extrahierte eine günstige Vorgangsweise, die wir mehr-oder-weniger alle anwandten. Bis dann die Wissenschaft kam und versuchte diese Vorgangsweise generisch zu definieren. Das Ergebnis ist der Design-Thinking-Mainstream mit seinen Begriffsver(w)irrungen.

Also es ist JA, die Darstellung der Vorgangsweise in Servicedesign.

Und es wäre auch die Darstellung der Vorgangsweise in Industriedesign, und im Informationsdesign, im UX-Design, im Grafikdesign.

Der Fehler in dieser Zeichnung ist, dass »testen« auch wieder zu »beobachten«, »verstehen«, »schließen« zurückkreisen müsste. Auch wenn das die Wissenschafter nicht so aufzeichnen wollen, aber wir arbeiten laufend mit relativ variablem Ziel. Wenn der Prototyp zeigt (durch beobachten), dass ein »Verstehen« ursprünglich falsch war, dann müssen wir da neu ansetzen. Ich erlebe das gerade mehrfach in einem UI/UX-Projekt.

Da will jemand brauchbare Screens für eine App. Dann verstehe ich, wie sie funktioniert und was die User sehen wollen. Dann entwickle ich einen Lösungsvorschlag, prototypisiere, nur um festzustellen, dass die User es eigentlich doch anders wollen, aber das wussten die selbst nicht. Also ein neues Verstehen. Usw.

Es ist manchmal ein wenig zu viel »agil«, aber das ist die Realität. Es ist eben das Knäuel (der Vordergrund im Bild oben) und nicht die Linie. Es erscheint chaotisch. Dieses scheinbare Chaos gilt es »zu umarmen«, als die »Natur des Design-Thinking« zu verstehen und mit diesem Wissen mutig und zuversichtlich weiterarbeiten. Das ist mitunter selbst für erfahrene Designer eine Überwindung, doch die Erfahrung meiner 35 Jahre macht mich sicher, dass es immer gelingt – genau und insbesondere dann, wenn man das akzeptiert.

Aber wozu immer theoretisieren?

Ich frage mich nun, wir diskutieren immer die Theorie, anstatt dass wir damit arbeiten. Es geht ja nicht darum ob etwas Design-Thinking oder Servicedesign ist, es geht darum, dass wir die Welt verbessern, das Leben der Menschen verbessern (Satz Nr. 3), durch so eine Vorgangsweise, weil diese Vorgangsweise in ihrer Anwendung erfolgreich passende Ergebnisse liefert.

Ja, ich schrieb ja selbst immer, man muss darüber nachdenken, wie man etwas macht, damit man weiß, warum es einem gelingt und man auch erkennen kann, wie man es verbessern könnte. Die Auseinandersetzung mit der Theorie ist wichtig. Doch im Moment geht es rundum offenbar öfters darum festzustellen, was richtig und was weniger richtig ist. Dabei brauchte man die postulierte Theorie nur anzuwenden und würde sofort erkennen, erleben, erfahren, dass das eine nicht anwendbar ist und das andere brauchbarere Ergebnisse liefert. Die strenge Abwicklung nach Lehrbuch, als Prozess, liefert in der Regel weniger Innovation als die chaotisch anmutende, aber dennoch recht zielorientierte Vorgangsweise der Designer.

Ein erfolgreicher Workshop gilt dabei noch nicht als Erfolg. Erfolg ist es, wenn aus dem Workshop ein Ergebnis realisiert wurde, wenn die Innovation gelingt. Als gelungen gilt sie, wenn sie im Alltag genutzt wird, wenn der Gegenstand verfügbar, der Prozess nutzbar, die Dienstleistung erlebbar ist, kurz, wenn es das Produkt gibt.

Wir diskutieren die Theorie, weil es nichts praktischeres gibt, als eine gute Theorie. Trotzdem müssen wir genau darauf schauen, welchen Gewinn wir aus so einer Denkarbeit ziehen können.

Die Schlußfolgerung des hoch interessierten Parade-Studenten: Design-Thinking verhält sich zu Servicedesign, wie Gestalterisch denkend zu ein Service gestalten.


PS: Wann immer du über eine Produkt-Innovation nachdenkst, du hast vier Möglichkeiten mit mir in Kontakt zu treten:

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