Design-Thinking soll keine Mode sein

13/09/2020

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Da behauptete jemand, man müsste auch an den höheren Ausbildungsstätten, in den Universitäten aller Fachrichtungen, unbedingt Design-Thinking etablieren. Andernfalls würde Design (jener meint wohl Design-Thinking aus seiner Sicht) nur in Wochenendseminaren oder Kurzkursen gelehrt. Menschen die diese Kurse besuchten ändern danach kaum ihre Verhaltensmuster. Zurück im Alltag wirke diese »Designausbildung« nicht und manch einer schlösse daraus, Design bringe überhaupt nichts. Der Schaden für die Designer-Zunft und für die Gesellschaft insgesamt wäre groß.

Wir trachten daher besser danach, nicht jeden zum »Design-Thinker« zu konvertieren. Das wäre auch unmöglich, denn Menschen, die Design-Thinker von ihrer Anlage her sein könnten, wären es in aller Regel bereits. Sie hätten einen Beruf oder eine Ausbildung passend zu ihrem Naturell gewählt.

Anstatt dass wir alle zu Design-Thinking-Anwendern machen, sollen wir diese anderen Denktypen (Wolf Lotter spricht von den »Gehemmten« (nachdem es den Essay nun als Buch gibt, ist der Artikel hinter der Paywall), den kausalen Denkern, den Konzentrationsfähigen) die Potentiale der einen, der »Designdenkern« (Lotter bezeichnet sie die Gestörten, also jene, die leicht abzulenken sind, dabei aber hochvernetzend neue Ideen generieren können) vermitteln.

Der Ausweg kann nur sein, dass wir informieren und die Vorteile erlebbar machen.* Dann sollen die Denkertypen ihren Fähigkeiten entsprechend arbeiten: die einen hochkonzentriert, die anderen hochvernetzend; am besten als Teams, deren Mitglieder sich in bestem Verhältnis ergänzen.

* Zum Beispiel in einer RTAG-Masterclass.

Für einen Designer ist jede Problemstellung ein Designproblem. Das ist klar. Also wendet ein Designer seine Denkweise, präziser, seine Herangehensweise an, um eine Aufgabenstellung zu lösen. Analog wie ein Wissenschafter oder Forscher seine Vorgangsweise anwenden würde, wäre er mit einem Alltagsproblem konfrontiert. Auch der Manager nutzt seine Methode der Problemlösung, seine Denkweise. Diese Denkweisen sind das Ergebnis einer Anlage, eines Talents, gepaart mit der Sozialisierung und vor allem der Ausbildung.

Diese drei Felder hängen freilich eng miteinander zusammen. Man wählt eine bestimmte Form der Ausbildung (und hält diese durch), weil man ein bestimmtes Talent, eine bestimmte Vorliebe hat und in besonderer Weise sozialisiert wurde. Es ist also absoluter Nonsense jemanden, der von Haus aus den einen Weg eingeschlagen hat (und zum Beispiel Manager wurde), dann zu sagen, er müsste nun einen (total) anderen Weg nutzen (nämlich Design-Thinking). Er würde sich auf diesem anderen Weg nicht nur nicht wohl fühlen, er würde auch nicht performen. Nicht so erfolgreich, wie in seiner angestammten Arbeitsweise. Würde ihm diese andere Herangehensweise der Designer liegen, dann hätte er wohl bereits einen Beruf ergriffen, der dieser entspricht, der sie erfordert, wäre also bereits ein Mitglied der Creative Industries oder zumindest ein Forscher, Regisseur, Philosoph geworden.

Den Nutzen dieser Denkweise können wir laufend entdecken. Neue Ideen – diese von allen sehnlich gewünschten Innovationen – entstehen gehäuft aus dem Dunstkreis des Design-Thinkings. Es macht also sehr viel Sinn Design-Thinking anzuwenden. Am besten indem sich die beiden Denkertypen zusammentun: Manager nutzen Designer als Sparringspartner. Roger Martin, ehemaliger Rektor der Rotman School of Management hat das bereits Anfang der 2000er erkannt und einen entsprechenden Business Design Lehrgang etabliert. #Businessdesign

Freilich gelingt das nicht mit jedem Designer. So wie es auch nicht mit jedem Managern gelingen wird.

Es gibt Designer, die sind zum breiter Denken nicht geeignet oder sind nicht daran interessiert. Die wollen nur einen Gegenstand formen oder eine Fläche harmonisch gestalten.

Es gibt Manager, die wollen keine Ablenkung, keine Inspiration, also keine Störung. Die sind zufrieden, wenn sie ihre Prozesse straff optimieren und sich in diesem Sinne bis zum »genetischen« Maximum entwickeln.

Diese beiden, von Lotter erwähnten Denktypen gibt es nicht nur in Reinformen. Vielmehr sind die streng kausal denkenden, hoch-fokussierten auf der einen und die effektual denkenden, vernetzenden Personen auf der anderen Seite nur die zwei Pole eines Kontinuums (siehe Blog-Illustration oben). Dazwischen gibt es alle Mischformen: Manager, die tendenziell vernetzend denken und Designer, die tendenziell sauber strukturiert arbeiten; erfolgreiche Serien-Unternehmer, wie Richard Branson oder Elon Musk, sind wohl in der Mitte dieses Kontinuums anzusiedeln.

»Personen« schreibe ich, weil diese Denktypen zwar primär unter Wissensarbeitern diskutiert werden, das Konzept aber vermutlich analog auch für alle anderen Arbeitsformen – im Handwerk und Gewerbe, im Verkauf, in der Landwirtschaft – gilt. Immer gibt es die einen, die genau dem Prozess folgen und andere, die diesen Prozess weiter entwickeln indem sie die ungünstig erlebten Phasen zu verbessern trachten. (siehe auch dritter Satz der »6 Sätze über Design«)

Somit ist klar, nicht jeder Designer ist ein geeigneter Sparringspartner für jeden Manager. Es sollen sich die passenden zwei Mischformen von Managern/Unternehmern und Designern finden.

Die klassische Denkweise allein liefert derzeit keine neuen Ansätze, die ist für’s erste ausgereizt. Doch unsere aktuellen Probleme sind – als Designprobleme definiert – lösbar. Man findet mit unserer Designer-Denkweise genügend geeignete Ansätze und kann diese dann mit der klassischen Managerdenkweise ideal zur Reife bringen und nutzen. Das ist insbesondere deshalb höchst nützlich, weil die Volatilität unserer Wirtschaftswelt Managerprozesse bis an die Belastungsgrenze strapazieren (oder sogar darüber hinaus). Das Ergebnis sind strauchelnde Betriebe, private und staatliche. Mit der Herangehensweise der Designer könnten die Manager wieder Spielraum für ihre Prozesse erhalten, weil die dann anders (und wieder wirksam) eingesetzt werden würden.

Das mag man jetzt vielleicht nicht gleich nachvollziehen können, das muss man in einem Sparringsgesprch erleben. Wenn dich das interessiert, dann kontaktiere mich. Für Designer ist jedes Problem interessant. Charles Eames erklärte es uns einst: Die Grenzen des Designs sind die Grenzen der Probleme.

Die Inspiration für Unternehmer und Manager kommt aus dem Sparringsgespräch mit dem Designer.


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