Der Double-Diamond wird 15​

25/11/2019

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Es war in den frühen 2000ern. Eine Handvoll Designer, darunter der flüchtig befreundete Clive Grinyer, trafen sich, um den Versuch zu unternehmen, den zahlreiche andere Designer und Design-Studios zuvor schon unternohmen hatten (auch wir von GP designpartners), nämlich zu verstehen, wie der »Designprozess« funktioniert und wie man ihn darstellen könnte. Chris Vanstones Grafik entsteht und prägt seitdem die Diskussion. Aus dem »Double Diamond« entwickelten sich alsbald unzählig andere Modelle, die das Ziel verfolgten, einen planvoll chaotisch ablaufenden »Un-Prozess« zu domestizieren. Eine Sisyphosarbeit, schrieb doch schon Tim Brown in seinem Standardwerk »Change by design«, dass er liebend gerne ein simples Rezept zur Verfügung stellen wolle, aber dass die Natur von Design-Thinking das unmöglich mache.

  • »Although I would love to provide a simple, easy-to-follow recipe that would ensure that every project ends as successfully as this one, the nature of design thinking makes that impossible.« Brown, 2009 P.15.

Wir Designer nutzen Design, d.h. eigentlich »designen« zur Problemlösung. Es ist ein »ambidextrous thinking«, »beidhändiges denken« im Sinne von »mit beiden Gehirnhälften arbeitend«, im Sinne von »denken« und»machen«. Otl Aicher hat das einmal schön in »die welt als entwurf« zusammengefasst und verdichtet.

  • »[…] machen ist ein selbst zu verantwortendes tun, an dem jemand mit konzept, entwurf, ausführung und überprüfung beteiligt ist. das, was er macht, steht unter seiner kontrolle und verantwortung und ist teil seiner selbst. machen ist die verlängerung des ich in die selbstorganisierte welt hinaus. im machen erfüllt sich die person. und dies in dem maße, als ein eigenes konzept, ein eigener entwurf beteiligt ist und in einer ständigen rückkoppelung aus dem machen erkenntnisse gewonnen werden für die korrektur von konzept und entwurf.« Aicher, 1991, S.190

Auch das ein Hinweis auf die bestehende Verwirrung um Design-Thinking in der Beraterwelt, die noch immer glaubt, dass »Thinking« für »das Denken« steht und daher mit einem »Tun«, einem »Doing« ergänzt werden müsste. Größer könnte die Verblendung nicht sein. Vielmehr handelt es sich um eine Denkweise, um ein »designdenkendes« Handeln, ein Handeln, wie es unter anderen auch Designer praktizieren.

Die Arbeitsweise lässt sich schwer in einen stringenten und fixierten Prozess packen, daher auch die Vielfalt an Versuchen, den Double-Diamond in seiner simplen Vierteiligkeit mit der beobachtbaren und unter Designern erlebten Realität zu vereinen. Keiner dieser Versuche genügte der Empirie, sie widerlegt jedes Modell, kaum dass man ein neues Projekt startet.

Man müsste es längst erkannt haben. Einfach einem »Toolkit« oder einem Prozess zu folgen, gleicht keineswegs dem Entwerfen einer guten Lösung für das richtige Problem. Es ist die Denkweise, es ist die Bescheidenheit, die Demut und die Offenheit (1.) gegenüber neuen Ideen von überallher und (2.) für den Wandel als Ergebnis von Rückmeldungen; es ist (3.) die Neugier, warum und was überhaupt vorgeht und (4.) wie die Dinge funktionieren oder nicht funktionieren; es ist (5.) ein Arbeiten, ein Machen eher im Team als alleine.

Der Double-Diamond ist 15, entstanden von 2002–2004 durch Beobachten was Menschen machen. Der Rückblick verschaffte die Möglichkeit eines Modells. Doch Design-Thinking ist eine Denkweise. Die muss man beschreiben, während man sie anwendet. Und da zeigt sie sich immer anders. Sie entspricht eher dem Knäuel als der Linie.


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