Das Volk ist eigen – oder die Führung?

18/03/2021

Kommentar

Was sagst du dazu?

Ähnliche Beiträge

Weil es für hier auch immer wieder gefordert wird: Gedanken des Designers zur Gesellschaft.

Das Volk ist eigenartig oder auch nicht. Es ist, wie es ist. Es verlangt nach Demokratie, Gleichbehandlung, Sozialismus im besten Sinn und beweist nur immer wieder die Tragik der Almende. Da gibt es keine Rücksichtnahme, im Alltag ist sich jeder selbst am Nächsten. Das ist nichts schlechtes, aber das muss man ins Kalkül miteinbeziehen.

Da werden in eine (!) Apotheke 2000 Tests geliefert und die werden alle am ersten Tag abgeholt. 400 Menschen in der Apotheke. Da holt wohl jeder der Familie die pro Person bestimmten 5 Gratis-Tests ab – so hat man sicher genug, weil die Mama und die Schwester haben es auch gleich mitgenommen. Dass dadurch ein Großteil der Bevölkerung keinen einzigen mehr erhalten kann, ist der Familie mit Vorrat egal. Am nächsten Tag werden nochmals 400 geliefert, aber die waren in ein paar Stunden weg, erzählt die Apothekerin.

Seit Tagen liest man an allen Apotheken – ich komme am Weg ins Studion bei einigen vorbei – dass es derzeit keine Gratis-Tests gäbe. Nein, man wüsste auch nicht, wann wieder welche geliefert werden. Das steht schon bei der Tür, damit man sich diesen »Kundenverkehr« und die immer gleiche Antwort spart. Das ist klar, das ist ja wertlos.

Schieflauf

Jetzt frage ich mich, der Servicedesigner, warum ist das so, was ist da schiefgelaufen?

Die Antwort erscheint mir recht einfach – auch plump: die Sozialingenieure haben zugeschlagen. Ohne realer Beobachtung – bei sich selbst, bei den eigenen Kindern, beim nächsten Umfeld, schon gar nicht bei »den Menschen«. Hätten sie das gemacht, hätten sie an einer Hand ausrechnen können, was passiert: die Tragödie der Almende in anderem Kleid. Der erste kassiert was geht, der zweite den Rest, der dritte hat das Nachsehen. Es gibt keine Rücksicht.

Ja, vielleicht erst dann, wenn es wirklich, wirklich, also echt hart ist – im Krieg, im KZ. Das hat uns Viktor Frankl erklärt.

Für alle anderen Fällen erklärt es uns Mises, Hayek und die Wiener Schule: Menschen handeln. Unvorhersehbar. Manchmal scheinbar irrational – aus unserer Sicht. Wir müssen daher deren Motivation erkennen, um Rahmenbedingungen zu schaffen, durch die wir die Wahrscheinlichkeit gewünschten Handelns erhöhen. Voraussagen oder bestimmen können wir nicht.

Durch Beobachtung können wir aber immer Muster erkennen, z.B. dass die Menschen geschenktes Gut raffen und horten. Das muss man steuern, z.B. indem es eben nicht gratis, also 0 €, ist; 0 ist speziell, ein besonderer Sonderfall, sagen [[Daniel Kahnemann]] und [[Dan Ariely]]. Null schlägt alles.

Zwei Zutaten

Wir haben hier zwei Faktoren: die Menschen und die Politiker. 

Die einen beschwören in der Öffentlichkeit, dass Menschenliebe und Rücksichtnahme und Nachhaltigkeit wichtig seien, aber im Dunkeln handeln sie nicht danach. Sie versperren ihr Rad am Handlauf der Treppe, sodass alte Passante sich nicht daran anhalten können; sie kaufen beim Diskonter, statt beim Handwerker; sie lassen sich ... ach was.

Die anderen wiederum meinen, sie wären so klug und könnten zentral steuern, besser als die Vielen, sonst wären sie ja nicht gewählt worden. Und sie meinen, sie hätten so fähige Super-Mitarbeiter, dass sie gemeinsam komplexeste Sachverhalten mit einer 15-Minuten-Sitzung regeln können. Da wurde (das kann doch nicht gewesen sein) nicht durchgedacht, was passieren könnte, da gab es keine Empathie zum Verhalten der Menschen im allgemeinen und der Völkergruppen im spezifischen. Wir sind eine (von vielen gewünschte) multikulturelle Gesellschaft. Was für die Vertreter der Vertrauensgesellschaft gilt, gilt eher nicht für jene der Sippengesellschaft. Muss es auch nicht. Aber ich muss darüber Bescheid wissen und es im »Design« einbeziehen.

Vielleicht verteilt man nicht 5 Gratistests pro Person pro Woche (oder war es Monat?) – die gibt es ja gar nicht pro Woche, weil die Logistik-Kette der Sozialingenieure nicht funktioniert (offenbar). Weil sie sie nicht verstehen? Sie ist zu komplex!

Ich, Bleistift!

Das beste Beispiel und den Grund für Hochachtung vor der freien Wirtschaft liefert Milton Friedman mit seinem Bleistift. Dieses billige Erzeugnis ist der Beweis für weltweite Kooperation, die uns unser Überleben sichert, Frieden schafft, über Grenzen, Hautfarbe, Religion hinweg. Jeder trägt etwas bei, Millionen von Menschen, damit wir dann um 50 Cent einen Bleistift kaufen können. Man muss sich das einmal im Stillen durchdenken, wie wunderbar das ist. Deshalb hatten wir ausreichend Lebensmittel schon innerhalb der ersten Stunden des ersten Lockdowns. Diesen Mechanismus soll man sich zu nutze machen, auch für Impfungen, Tests und Masken.

Mehr Servicedesign tut Not.

Da werden Servicedesign-Projekte im Parlament vom Zaun gestossen und durchgeführt, damit Schüler besser Parlamentarismus verstehen – das ist gut! –, aber offenbar hat niemand daraus gelernt, dass diese Designleistung auch – und GANZ BESONDERS – in dieser Situation zu nutzen ist.

Nicht nur der Manager, auch der Beamte soll Design nutzen, soll Design-Gesinnung entwickeln und damit das Leben der Menschen verbessern.

Bezahle ich pro Test einen Betrag, dann bremst das. Bezahle ich für jeden weiteren Test, den ich an einem Tag kaufe mehr, dann werde ich nur das Notwendigste kaufen. Das gleiche gilt für den Kauf pro Woche. Eine Person, eine eCard, ein Tag, ein Test, ein kleiner Betrag; der Betrag steigt je mehr und je enger das Intervall ist; deutlich stärker bei mehr Tests an einem Tag und weniger stark bei mehr Tests pro Woche. Je mehr Nachfrage, desto teurer. So kann sich ein Gleichgewicht bilden. Im aktuellen Fall bildet sich eine Verzerrung, ein eklatanter Mangel, der eher an Nachkriegszeit oder Venezuela erinnert als an Wirtschaftswunder und Wohlstand.

Dabei geht es uns weltweit so gut wie nie zuvor. Am Ende bleibt bei aller Kritik: DANKE — und zwar an alle Unternehmer, die Ungewissheit und Risiko schultern, damit andere keinen Mangel erleben. In vielen Fällen nicht wegen, sondern trotz Politik.


Gesucht!

So einen Artikel zu schreiben, ist nicht angenehm. Ich will gerne mithelfen, dass das nicht möglich ist und meine Denkweise – das ist die der Designer, die der Volksmund (der Management-Mund) gerne Design-Thinking nennt – zur Verfügung stellen. Es wäre mir eine Ehre meine Dienste als Servicedesigner oder als Managementdesigner anbieten zu können. Wer also jemanden an geeigneter Stelle kennt oder wer an geeigneter Stelle sitzt, der möge bitte einen Kontakt herstellen oder gleich ein Erstgespräch mit mir buchen. Designen verbessert das Leben der Menschen – Politiker und Verwaltungsbeamten müssen das auch zulassen wollen. Ich bin bereit – Termin hier.


Also published on Medium.