Auch in der Produktentwicklung braucht es Gewaltenteilung

22/11/2020

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Auch in der Produktentwicklung braucht es die Gewaltenteilung. Oder sagen wir, die Aufteilung der Arbeitslast ist unbedingt notwendig. (Ein Produkt ist ein Gegenstand, ein Prozess oder eine Dienstleistung.)

Zwei Fronten kann man nicht bedienen

Man kann nicht die technischen Sträuße ausfechten, sich mit Patenten herumschlagen, mit Fertigungstechnik und Software-Systemen und dann auch noch beste Benutzerfreundlichkeit, beste Bedienbarkeit erzielen. Das ist unmöglich. Das schafft niemand. Das gelingt nur, wenn diese beiden Positionen getrennt sind. 

So eine Trennung muss nicht scharf und kategorisch sein, denn jeder soll über das andere Feld grob Bescheid wissen, aber die Verantwortlichkeit muss klar sein. Bei gleichzeitiger gegenseitiger Wertschätzung. Wie kann das gelingen?

1. Die Technik in den Griff bekommen

Oft ist dieses Ringen mit einer Technik so anstrengend und kompliziert, dass man (als Entwicklerin) froh ist (und stolz!), dass man einen kleinen Sieg gegenüber der Technik errungen hat. 

Man hat es der Mechanik abgetrotz, kleiner zu sein, man hat die Software-Umgebung trickreich ausgereizt, schnellen Code programmiert und die Bedienbarkeit ermöglicht, man hat die Materialstärken optimiert und gegenüber der Herstelltechnik nicht klein beigegeben.

Ja, es stimmt schon, ein paar Kompromisse musste man eingehen, etwas von der ursprünglichen Idee abweichen. Und ja, es sieht jetzt schon etwas anders aus als man ausgangs beabsichtigt hatte.

Aber das Ergebnis ist deutlich näher an der guten Benutzbarkeit als es die Technik, das System, das Patent am Anfang erwarten hat lassen.

Derjenige, der siegreich aus diesem Ringen hervorgegangen ist, die Konstrukteurin, der Software-Ingenieur, etc. ist froh, atmet durch und zeigt stolz das Ergebnis. Es ist deutlich mehr, als am Anfang erwartbar war. Es funktioniert reibungsfreier, bequemer, einfacher als die allererste Version.

2. Den Gebrauch einfach machen

Doch der, der diese Schwierigkeiten nicht kennt – das ist am Ende der Kunde – ist schwerstens enttäuscht. Das kann doch nicht sein? Das ist unbedienbar.

Die Schalter an der falschen Stelle, die Stecker unerreichbar, die Kontrollleuchten nicht zentriert? Das ist schlecht benutzbar und sieht auch nicht gut aus. Jedenfalls könnte es besser sein.

So erleben wir es immer wieder. Da funktionieren die Dinge nicht so, wie wir das erwarten würden, wie wir es von anderen Angeboten kennen. Bei dieser Website entleert sich der Warenkorb beim Neuladen. Oder dieser Griff sieht aus als kann man ihn drehen, dabei soll man ihn schieben. Aber wenn wir selbst die Website (z.B. mit einem WordPress-Theme oder mit einem dieser Plattformen) gestalten, dann sind wir gnädig:

Ja, stimmt, da muss ich noch etwas machen, aber es sieht doch schon passabel aus. Ja, das Online-Formular hab ich noch nicht fertig programmiert (d.h. konfiguriert), aber wenn man hier klickt und dann da, dann gelingt es ohnehin.

Der Person, die tief in die technische Entwicklung involviert ist, geht das Beurteilungsvermögen im Sinne eines Konsumenten verloren.

Abschweifung: Vielleicht so ähnlich wie mir (dem Autor) die Verständnismöglichkeiten meines Lesers (also Ihre) verloren geht, weil ich weiß, woran ich im Hinterkopf gerade auch noch denke. Für einen Hinweis von Ihnen, wenn dem so ist, bin ich dankbar.

Zu schnell meint man, eine bereits für den Unwissenden (dem Konsumenten) brauchbaren Status erreicht zu haben. In Österreich sagen wir dann: Passt scho’!

Doch dem ist nicht so. Es passt nicht!

An sich ist es nicht schlimm, wenn das Ergebnis nicht gleich kundenoptimiert ist. Immerhin hat man die Technik domestiziert. Doch dann braucht es Einsicht.

Klar, man weiß, man hat zuvor stundenlang das Computersystem malträtiert oder hat tagelang mit der Mechanik eines Gegenstands gerungen und jetzt funktioniert es ... einigermaßen. Das ist doch toll?

Nein! Der Konsument kennt die Probleme nicht, muss sie auch nicht kennen. Erwartet wird Leistung. Die Dinge mögen funktionieren »like magic«. Zumindest wenn sie Konsumenten angeboten werden.

Man ist im hitzigen Gefecht der Entwicklung kaum in der Lage die Perspektive der Kunden einzunehmen, man unterschätzt häufig deren Verständnisfähigkeit, deren Kompetenz. Und so kommt es, dass man als Benutzer (heutzutage, in Rausch der Digitalisierung) bei vielen (neuen) Alltagsgegenständen meint, Informatik studiert haben zu müssen, damit man sie bedienen kann.

Das ist nichts Neues und nicht nur auf computerartige Geräte zutreffend. Ehedem war es auch häufig so. Zum Beispiel beim Ausfüllen diverser Formulare meinte man analog, dass man Jus studieren hätte sollen. Oder Technik, oder Tischler, oder ...

Es braucht eine Abkühlphase für den Entwickler und Konstrukteur, für den Prozessoptimierer und Kundenbetreuer. Wenn man den Kampf mit einer Technik, einer Vorschrift, einer Regelung verdaut hat, ausgeruht ist und mit frischem Blick nochmals die Lösung ansieht, dann erkennt man die noch immer vorliegenden Schwächen in der Bedienbarkeit. Dann kann man darüber nachdenken, diese auszubügeln. Eine Falte nach der anderen.

Die Lösung

Schneller geht das mit »berufsmäßigen Ausbüglern«, mit Designern. Die sind trainiert darauf die Kundensicht einzunehmen. Sie bringen Verständnis für die technischen (und kaufmännischen, juristischen, systemischen, kognitiven, etc.) Zwänge mit, drängen aber auf kundenorientierte Entscheidungen. Der Kunde kennt die Probleme nicht und wird auch nicht gnädig darüber hinweg sehen, wenn er nicht g’schmeidig (»seamless like Magic«) damit arbeiten kann. 

Man trennt die Gewalten: einer entwickelt, bezwingt die Technik, der andere entscheidet aus Kundensicht und bietet Lösungsvorschläge an. Weil diese Gewalten zusammenarbeiten und gegenseitiges Verständnis füreinander entwickeln, machen sie für den Konsumenten günstige Fortschritte.


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