Man muss die Artikel schreiben, wenn sie geschrieben werden wollen und nicht, wann der Autor sie schreiben will. Das ist das Gegenteil von dem, was Steven King und andere uns sagen. Aber das Schreiben, wie ich es nutze (und du nutzen kannst) ist auch eine Form des Organisierens.
Ich sitze da und will die Wochenendausgabe von »Innovation am Sonntag« zusammenstellen und überlege nun, was ich schreiben könnte, das interessieren würde.
Einerseits ist das der richtige Ansatz, ich soll darüber schreiben, was Leser lesen werden wollen. Andererseits ist es der falsche, denn das ist nicht mein Grund für das Schreiben. Mein Schreiben ist ein Denken, ein Bearbeiten von Gedachtem. Ich mache damit persönliche Fortschritte, mache wir Sachverhalte klar. Schreiben kann man ja aus mehreren Motiven. Flusser nannte zum einen ein politisches Motiv, weil man andere informieren will (das trifft für mich zu) und ein persönliches Motiv, weil man seine Gedanken ordnen will (das trifft noch mehr auf mich zu).
Am leichtesten schreibe ich darüber, was mich gerade beschäftigt, was ich klären will, also um meine Gedanken zu ordnen. Das geht flüssig von der Hand und mir scheint, es ist auch gut zu lesen (sag du es mir). Ich veröffentliche es, gebe mir quasi eine Blöße, indem ich diese Gedankenarbeit sichtbar mache, alles in der Absicht andere zu informieren. Ich mache das, weil ich hoffe, dass die eine oder der andere Leser eine Erkenntnis oder eine Inspiration daraus gewinnt. So wie es mir manchmal geht, wenn ich Exkurse, Gedanken und Erlebnisse anderer lese.
Es ist also eher der Zufall, der mich lenkt und der dann mitunter relevante Information in deinen Elektropostkasten spült – in deine eMail-Inbox.
Der Auslöser ist unterschiedlich. Jemand wirft eine Frage auf, eine Ungerechtigkeit ist vielleicht gar nicht ungerecht (nicht von allen Seiten betrachtet), eine Sache ist so und ich hätte sie gern anders, aber warum will ich das? Und wie soll sie anders sein? Warum gelingt dieses Design und jenes nicht? Wie schafft man es, sein Geschäft am Laufen zu halten und welche Hilfsmittel könnten dafür nützlich sein? Wie sollte man solche speziellen Hilfsmittel tatsächlich nutzen? Wir würde das einfacher und vor allem alltagstauglicher sein? (Aus dieser Überlegung ist dann »9 Schritte zum besseren Business Model« entstanden) Warum prokrastiniere ich – wir? Es ergeht uns doch allen so, viele von uns Wissensarbeiter werden davon geplagt. Wie kann ich das abstellen? Usw., usw.
Ich denke also darüber nach und manchmal fällt mir dazu etwas ein. Dann beginne ich zu argumentieren, Fakten nüchtern (oder auch nicht) zu betrachten und in Relation zu setzen. Das will ich nicht vergessen, also mache ich eine kurze Notiz. Gelegentlich passiert es, dass diese kurze Notiz zu kurz wäre und ich muss sie ausführlicher gestalten, damit mein zukünftiges Ich versteht, was ich heute damit meinte. Das artet gelegentlich aus und im Nu ist ein Artikel mit 1000, manchmal auch 2000 und mehr Worten zustande gekommen. Wie kürzlich die Gedanken über den Designer und Design-Philosophen.
Manchmal aber reicht diese kurze Notiz, damit ich weiß, was ich ausführlicher behandeln will und dann stoppe ich. Oder die Zeit ist zu knapp und diese Wortflut, die da aus mir quillt, muss gestoppt werden und zu einem späteren Zeitpunkt in Fluss gebracht werden – was häufig monatelang (jahrelang) nicht gelingt.
Naja, nicht immer sind die spontanen Text die griffigsten, aber zumeist. Manchmal ist es dann doch zu schnell getippt, zu verkürzt dargestellt, weil ich ja weiß, wovon ich schreibe, der Leser aber mit Sicherheit nicht. Dann muss ich redigieren. Dennoch, das ist schnell erledigt und ich wundere mich, warum ich das nicht schon vor Wochen, Monaten, manchmal sogar Jahren veröffentlicht habe.
Sehr häufig stelle ich fest, dass diese schnell und aus der Notwendigkeit der Situation – gerade jetzt hab ich einen Einfall und eine Argumentation parat – aufgeschriebenen Notizen sehr gut nachvollziehbar und (so scheint es mir) auch gut lesbar sind.
Am Ende ist so ein Text auch nur ein Mittel zur Organisation.
Immer häufiger erkenne ich, dass das Schreiben die Klarheit fördert. Das liest sich hier vielleicht so, als verstünde ich es als große Neuigkeit. Das ist es freilich nicht. Ich schreibe das deshalb nochmals hier hin, weil wir es eigentlich alle wissen, dass schreiben – egal wie, tippen, mit Feder auf Papier – hilft, oder besser, erleichtert, Gedanken zu ordnen, zu finden, zu konkretisieren.
Wir wissen, dass wir etwas wissen. Wir glauben, genau zu wissen, wie der Sachverhalt ist, aber erst wenn wir es aufschreiben, erst wenn wir etwas aufzeichnen (oder designen), erst wenn wir es programmieren, wenn wir es ausführen müssen, erst dann erkennen wir, was am Gedankenmodell noch nicht passte. Die Gedanken sind für uns oft zu weich. Ein Nikola Tesla hatte vielleicht feste Gedanken und konnte (so die Geschichte) Prototypen im Geist bauen und testen und sich dadurch die 4000 Modelle von Edison sparen. Aber wir, wir können schreiben. Damit machen wir unsere Gedanken fest, sehen sie, erkennen Modifikationsmöglichkeiten und entwickeln sie weiter. Auch Probleme lassen sich auf diese Weise ideal externalisieren und lösen.
Und – das muss jetzt kommen – das gleich gelingt analog mit dem Business-Model-Canvas. Auch damit lassen sich Geschäftsmodelle konkret machen. Geschäftsmodelle sind Mechaniken wie man Geschäfte macht – also hat jeder, der Geschäfte macht, auch ein Geschäftsmodell. Das im Kopf selbstverständliche, aber nur diffus erkennbare, eigene Geschäftsmodell wird auf diese Weise auf besondere Art materialisiert, sichtbar, greifbar, manipulierbar, verstehbar. Du erkennst, was du kannst, was du hast, was du damit noch alles machen kannst. Die Innovation zeigt sich auf diese Weise.
Im Buch »9 Schritte zum besseren Business Model« beschreibe ich das Modell und wie du damit umgehen kannst. Ergänzend kannst du auch ein Gespräch mit mir terminisieren und wir reden über dein Modell. Such dir einen Termin aus und wir materialisieren dein Geschäftsmodell. Meine bisherigen Gesprächspartner haben dabei schon erstaunliche Erkenntnisse gewonnen.
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