Innovation-Briefing Nr. 6

01/04/2022

Kommentar

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Beim fünften Treffen sprachen wir über die sich laufend verändernden Märkte. Dieses Mal interessierte sich Michael dafür, wie den »dieser Markt« zu definieren sei. Präziser ausgedrückt wollte er wissen, wie man für ein Thema durch Verschneiden bestimmter Zielgruppen (oder Zielgruppen-Definitionen) eine ansprechbare Kundengruppe festlegen kann. »Es ist ja nicht sinnvoll »alle« anzusprechen, das ist einfach nicht möglich.«

Das ist nicht nur nicht möglich, es ist auch ganz und gar sinnlos.

Wenn man alle ansprechen will, dann muss man eine Vielzahl an Argumenten vortragen. Die Kunden, deren Vorlieben, deren Wünsche sind genauso wie die Kunden selbst »normal verteilt«. Das heisst, will ich alle ansprechen, dann brauche ich entweder hunderte Argumentationsleitfäden und entsprechende Positionierungen (wenig glaubwürdig) oder ich verdichte das auf eine einzige Position und sende eine verallgemeinerte Botschaft (wenig wirksam).

Viel geschickter – und das haben wir dann ausführlich in diesen knapp vierzig Minuten besprochen – ist es, sich die Zielgruppe genauer anzusehen und dann daraus die »Innovators« und die »Early Adopters« herauszusuchen.

Dazu habe ich gerade ein Arbeitsblatt ausgearbeitet, das du gerne anfordern kannst.

Ich überlege mir, wie die x-Achse für mein Produkt lauten würde und wie ich demnach diese Zielgruppen benennen könnte. Ich verwenden für die »Innovators« gelegentlich »Enthusiasten«, das passt in viele Branchen sinnvoll und ist inspirierend. 

Jene die gerne essen sind somit Kulinarik-Enthusiasten. Die heben sich deutlich von den »normalen« Gästen ab und lassen sich somit klar adressieren. Denn darum geht es. Die einzelnen Zielgruppensegmente so herauszuheben, dass ich ein deutliches Muster erkennen kann, etwas Signifikantes, das diese Menschen interessiert. 

Wenn ich das weiß, dann kann ich präzise Botschaften aussenden, diese Personen für mein Produkt interessieren und begeistern.

Diese Enthusiasten werden dann (gelegentlich) über ihre Erfahrungen mit meinem Produkt mit ihren Freunden und Bekannten sprechen und dadurch Early-Adopters – oder besser, die Visionäre – interessieren. Das ist das nächste Segment nach den 2,5 % der Enthusiasten, das ich anspreche, immerhin (so sagt die Literatur) an die 13,5 % (wir folgen der Theorie der Normalverteilung).

Jetzt habe ich eine Kundengruppe von 16 % des Marktes, die ich gezielt ansprechen kann. Ich muss nur noch vertrauen, dass diese Menschen, sind sie mit meinem Produkt zufrieden und erkennen sie es als nützlich, praktisch und gut, als Vorbilder für den Frühen und den Späten Markt fungieren.

Ich kann deshalb darauf vertrauen, weil ich mich bestens (!) darum bemühe, dass diese 16 % mein Produkt lieben, weil es sie so in ihrer Lebensführung, beim erledigen ihrer Aufgaben, ihrer »Jobs-to-be-done« unterstützt.

Die Pragmatiker (die Personen der Early Majority) kaufen erst, wenn die Early-Adopters signalisieren, dass das Produkt der Hammer ist. Die Skeptiker kaufen dann, wenn die Pragmatiker gewonnen sind. Es macht also wenig Sinn jene große Kundengruppen als erstes anzusprechen, weil wir bei Innovationen selten (genau genommen nie) ausreichende Beweise für Pragmatiker und schon gar nicht für Skeptiker vorlegen können. Lediglich die Visionäre kann man interessieren. Auf die soll man sich fokussieren. Die Enthusiasten sind die Wegbereiter, die ersten, die man mit einem neuen Produkt konfronitert, das unmittelbar nächste Umfeld kurz nach Produktidee und -einführung.

Personas für Webservices, webbasierte Produkte

Susanne hat uns dann eine andere Facette dieser Theorie gezeigt. In anderem Kontext, Webdesign, daher etwas breiter, notwendigerweise mehr mit Marketing-Methodik angereichert.

Gilt es ein neues Webservice anzubieten, dann definiert sie drei Personas. 

Persona ist eine Werkzeug, das aus dem Marketing kommt und häufig mit Design-Thinking assoziiert wird. Im Design nutzen wir das zwar auch, aber unorthodox, auf eine Weise, wie es für die Produktentwicklung Sinn macht. Das Marketing braucht andere Fakten. Für Websites ist das aber sehr wertvoll (ich vertraue da auf Susannes Erfahrung). 

Jede dieser drei Kunstpersonen »erklärt«, was sie haben will und was sie sucht, wie sie Entscheidungen trifft und welche Beweise sie braucht, dass das Angebotene tatsächlich ihren Bedarf erfüllt. Susanne prüft dann auch woher diese Personas kommen, also über welche Quellen sie auf der zu bearbeitenden Website landen.

Diese Herkunft ist das, was ich als »Kontext definieren« bezeichne. Jedenfalls ähnelt es der und verfolgt die gleiche Absicht. Abhängig von der Herkunft entwickeln die Personas Erwartungshaltungen. Die müssen dann erfüllt werden, wenn es die gesuchten Kunden sind.

Ich generiere durch die Kategorie, in der ich mein Produkt platziere, Erwartungen bei den Kunden. Ist mein Muffin ein Snack im Take-away bei der Busstation, dann kostet er eher 1 €; ist es ein veganer Nachtisch im 5-Sterne-Restaurant, dann kostet er wohl eher 18 €. Ähnlich ist es mit Erwartungen an Verpackung, Geschmack, Nahrungswert, etc. Der Snack ist in ein Papier eingewickelt, der Nachtisch am Porzellanteller mit Goldrand drapiert.

Die Städte

Michael geht es um Smart-Cities. Ich bezweifle, dass wir da bereits im Massenmarkt sind. Es sind noch immer Enthusiasten und Visionäre unter den Stadträten und Bürgermeistern, die solche Projekte vorantreiben.

Wäre Smart-City schon Mainstream, also mindestens von der Early-Majority angenommen, würden bereits massiv Nachfragen auf die Berater in großen Mengen einprasseln. Kann sein, dass es häufigere Nachfragen gibt, aber ich glaube, eher für Wahlwerbung denn um etwas schnell umzusetzen. Das Volk interessiert sich nur perifär dafür. Analog vermute ich das auch bei den Kommunen.

Es macht also Sinn Ausschau zu halten nach diesen Enthusiasten und Visionäre unter den Stadträten und Bürgermeistern in den Städten brauchbarer Größe. Wer hat denn schon darüber nachgedacht, Programme angestossen, Absichtserklärungen dazu abgegeben. Daraus versuche ich nun Muster zu erkennen, die diese Sippe (diesen Tribe) definieren können. Ich nutze dafür die Brand Matrix des Marty Neumeier (siehe »The Brand Flip«). Denn es reicht nicht diese Gruppe zu beschreiben, deren Identität, Ziele und Sittes müssen auch mit meinem Purpose, meiner Einzigartigkeit und meinen Werten harmonieren. Oder wie es Simon Sinek einmal auf den Punkt brachte: Menschen kaufen bei uns, weil sie glauben, woran wir glauben. Weil unser Why für sie wertvoll ist und sie in der Selbstdefinition unterstützt (nachzulesen in »Start with Why«).

Jetzt ist vielleicht auch klar, wie die x-Achse in diesem Fall lauten muss: Smart-City ... und was das alles bedeutet und umfasst. Jetzt könnte sich Michael auf die Innovators dieses Vektors konzentrieren und sie werden ihm die Tür einrennen. Denn die warten nur auf eine Gelegenheit.


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