Innovation-Briefing Nr. 31

27/03/2023

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8:30 — Gänserndorf, Graz, Klagenfurt, Salzburg, Seeboden, Spital an der Drau, Stuttgart, Wien. In den letzten Wochen stolperte ich über einen Fall. Man predigt Innovation, fordert die anderen auf, das Neue endlich anzunehmen. Andernfalls sei es ihr Untergang. Und dann? Dann scheut man sich selbst vor der Neuheit. Vor einer Neuheit. Dabei ist diese Neuheit nicht so neu, nur für diese Person war es das. Das Neue ist anders, ist unbekannt, verunsichert. Man weiß nicht, noch nicht, was es bedeutet. Google-Docs und die Möglichkeit damit effektiv zu kollaborieren ist für einige neu und ungewohnt. Ein neues Interface, andere Funktionen. Dabei ist es schon lange verfügbar. Man hätte sich schon daran gewöhnen können. Man muss es dafür nicht täglich und massiv benutzen. Es genügt schon, dass man es kennt und ausprobiert hat. Dann verliert es seinen Schrecken. Wir müssen nicht der Mode hinterherlaufen. Wir wollen den Trend setzen. Die Zukunft kann man nicht voraussehen, man kann sie nur gestalten. Dazu muss man das Neue ansehen, interessiert, offen und auch kritisch. Conrad wirft das Thema auf: ChatGPT.

Artificial Intelligence (AI, künstliche Intelligenz) ist seit Jahrzehnten ein Thema, jüngst scheint ein Durchbruch gelungen zu sein. ChatGPT macht es uns einfachen Menschen verfügbar. Keine großen Rechenzentren mehr notwendig (oder wir haben Zugang zu ihnen). ChatGPT ist ein Sprachmodell und jetzt ist es Stanford-Leuten gelungen ein Submodell zu generieren, dass sogar am Mobiltelefon oder Heimrechner (ohne Internet-Zugang) funktioniert (mehr dazu). Das deutet schon darauf hin, dass diese unheimlich anmutenden Ergebnisse beschränkt Innovation erwarten lassen. Aber was ist schon diese Innovation?

ChatGPT, so fragt Conrad, wird gerade gehypt; ist das gut und nützlich? Soll man sich mit der Neuerung (und mit dieser Neuerung) beschäftigten?

Selbstverständlich!!! Es ist unbedingt notwendig, sich mit Neuerungen zu beschäftigen. Der Managementdesigner (ich) liebt das, man muss es zumindest in groben Zügen kennen.

Das Problem, wie entscheide ich, womit ich mich beschäftige. Es gibt so viele Neuheiten, woher weiß ich, welche Innovation ich in mein Unternehmen integrieren soll, womit ich mich tiefer beschäftigen muss und will?

Wir (die Teilnehmer) kennen alle das Gefühl von FOMO (Fear Of Missing Out), die Angst etwas zu verpassen, das hält wach und so halten wir weiter Ausschau, ergänzt Georg.

Aber FOMO ist ein Problem, denn man kann nicht alles lesen, kennen, ausprobieren, nicht in allen Themen firm sein. Es ist ein Psycho-Stress, dem der moderne Mensch, der Wissensarbeiter insbesondere, ausgesetzt ist. Aber kenne ich die Neuerung nicht, dann ist sie – logisch! – unbekannt. Das Unbekannte macht Angst, verleitet zu falschen Schlüssen und das ist die eigentliche Gefahr.

Die vorgeschlagene Lösung von einem der beiden Martins: Man könnte alles mögliche testen, jede Neuerung ausprobieren, den ganzen Tag damit verbringen. In großen Organisationen leistet man sich dafür Innovationsmanager und -abteilungen, die genau das machen und dabei prüfen, was davon für die eigene Organisation nützlich sein könnte. Aber das ist für kleinere Unternehmen als seines nicht machbar. Sein Vorschlag: Wenn er mit einem Problem konfrontiert ist, dann beginnt er mit der Recherche, passend zur verfügbaren Zeit. Das klingt jetzt ein wenig, »No na, wie sonst?«, doch er meint es wohl anders: Laufend die Innovationen im Blick halten, wissen, was Neues auftaucht und dann, wenn eine Problemstellung auftaucht, pickt er wohl jene Ansätze heraus, die er grob wahrgenommen hat und taucht tiefer in diese Thematik ein, prüft sie auf Tauglichkeit, um das anstehende Problem zu lösen oder sich das Leben zu vereinfachen.

Georg bestätigt das, wir sind alle in unserem Blasen, der Vertrieb in der einen, die Entwicklung in der anderen, die Executives in einer dritten, alle mit eigenen Kanälen. Seine Frage lautet, wo kann ich wie Zeit sparen, es mir einfacher machen, welche technischen Hilfsmittel gibt es? Er recherchiert in einer Art Stage-Gate-Prozess: 10 Minuten ausprobieren, scheint es nützlich zu sein, dann investiert er mehr; bringt es mehr als es kostet? Auch Peter verfährt ähnlich, Augen offen halten, beobachten, schauen was auftaucht oder angeboten wird, dann in einer Kurzrecherche Potentiale abschätzen. In 10 bis 15 Minuten müsste man erkennen können, dass eine Sache für einen taugt. Wenn das der Fall ist, kann man ein, zwei Stunden investieren. Das Neue muss sich in dieser Zeit bewähren.

Das sind interessante und höchst wichtige Hinweise. Für all jene, die Innovationen in den Markt brignen wollen. Eine verkaufbare Innovation ist eine, bei der ich innerhalb solcher kurzen Testzeiten erkennen kann, dass sie mir nützlich sein könnte.

Der Unternehmer muss daher darauf achten, dass sich die Innovation auf eine Weise präsentiert, die die Anschlussfähigkeit an die bestehende Welt der Zielgruppe erkennen lässt. Genau das ist eines der Ziele in meinen Sparrings. Kann der potentielle Kunde diese Anschlussfähigkeit erkennen (passt diese Kupplung, sagten wir einmal), dann beschäftigt er sich näher damit und erhält damit die Chance das wahre Potential eines Angebots wahrzunehmen. Dann beginnt die Innovation zu greifen. Diese Personen sind die Innovators, die Enthusiasten, die epxerimentieren mit der Neuheit und zeigen den anderen ob und wie etwas nützlich ist/sein könnte. Georg nutzt ChatGPT, um schneller eMails zu texten. Das ist auch gut machbar damit, denn dafür reicht das vorhandene Wissen aus (jenes bis 2021, das diese AI nutzen kann). Ein Brief muss bestimmten Formeln folgen und das kann mir die Maschine abnehmen. Aber wie ist es mit der Intuition, mit der Extrapolation?

Diese neue Technik ist für manche beängstigend. Designkollegen wollen Software nicht benutzen, damit sie nicht lernt, wie unsereins Ideen generiert. Aber diese Sorge ist unberechtigt und betrifft nur die einfachen Köpfe, die, die nicht wirklich gute Ideen haben, sondern gute Werkzeuge, um das Mittelmaß brillant darzustellen. Aber darum geht es nicht. Ich will mich nicht aufhalten mit der detailierten Ausarbeitung, die hat mich immer gebremst; die Technik kann mir das nun abnehmen. Eine AI ist so gut, wie der Stand der Technik, nicht darüber hinaus. Es fehlt die Intuition und die Fähigkeit, dem »Zufall« zu nutzen. (Noch fehlt sie, doch wenn wir Googles AI LaMDA reden hören, dann können wir vielleicht ein frühes Stadium von Bewusstsein ahnen; aber das ist wohl eine psychologisch-philosophische Fragestellung). Der Designer synthetisiert. Er erschafft aus herumliegenden Bruchstücken Neues. Die AI kann dabei helfen, denn sie kennt ALLE herumliegenden Bruchstücke. Aber kann sie sie intelligent verknüpfen?

Peter bremst uns. Die Innovation kommt nicht über Nacht, explosionsartig. Herbert Simon und Allen Newell (angeblich das erste AI-Programm) haben AI Mitte der 1950ern zum Thema gemacht. Es dauerte also fast 80 Jahre bis wir alltagstaugliche Anwendungen bekamen. Nun geht es vielleicht rapide schnell, schneller als wir uns dachten. Denn die oben erwähnte Lama-Variante (Metas AI) von Stanford, »Alpaka«, ist dramatisch billiger trainiert worden als ChatGPT. Die Technikverfügbarkeit beschleunigt sich also. Aber sie ist nicht einfach so da. Wir können uns daran gewöhnen, wir haben seit Jahrzehnten von AI gehört, hätte darüber lesen können, und dann wäre uns nach einiger Zeit (oder im letzten Monat) klar geworden: Das ist etwas, mit dem wir uns auseinandersetzen müssen. Dann müssen wir erkennen, dass nun ein Punkt erreicht ist, den wir nicht verpassen dürfen. Jetzt fährt er los, der Zug der AI. Jetzt gilt es einzusteigen. 

Ein EPU muss nicht Vorreiter sein, aber eben rechtzeitig dabei sein. Das ist gut machbar. ChatGPT ist gut nutzbar, wir sollten uns damit beschäftigen.

Dabei ist es sogar so, dass EPUs im Vorteil gegenüber großen Organisationen sind, weil sie die Änderung schneller annehmen und integrieren können. Eine große Organisation, so der andere Georg, kann nicht so schnell reagieren. Wiederum ist es der Innovationsmanager, der dafür installiert werden müsste. Der könnte so eine Transformation initiieren, aber dennoch, im der Großorganisation dauert der Wandeln von Papier und Whiteboard ins Digitale 2 bis 3 Jahre (wenn nicht gerade eine Pandemie katalysatorisch beschleunigt). Die großen Firmen müssen jetzt handeln, so der Tenor der Teilnehmer.

Werner empfiehlt auf den vorhanden Problemen aufzubauen. Die Innovationsbewertung in Bezug auf das Problem. Ein Innovationsfunnel ist eine taugliche Vorgangsweise, weiß Martin. Im Vorfeld definiert er Kriterien für die Entscheidung, ob er weiter recherchiert oder abbricht. Passt die Lösung zur Strategie, dann geht es weiter; ist es machbar, wieder ein Schritt; reicht die Zeit, das Budget, etc.

Und Peter: 15 Minuten Quick-Scan; scheint es interessant? Ja, dann folgt ein 60 Minuten Deep-Scan; ist es noch immer interessant? Ja, dann probieren wir es aus, testen mit einem prototypischen Setting. Scheint es wertvoll für später, so kommt die Innovation auf die Liste der interessanten Lösungsansätze, die er konsultiert, wenn er mit einer konkreten Problemstellung konfrontiert ist.

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