Es ist nie fertig.

05/02/2021

Kommentar

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Manche Dinge werden nicht fertig, sie sind ewig zu tun.

Das zu erkennen fällt mir schwer, wollte ich lange nicht wahrhaben, nehme ich jetzt zur Kenntnis.

Eigenartig, es muss eine frühe Sozialisierung gewesen sein, die mich immer wieder dazu veranlasst, anzunehmen, dass irgendetwas, ja, dass alles einmal fertig sein wird. Aus. Ende. Muss man nicht mehr angreifen.

Aber so ist es nicht, wie mir scheint. Es gibt eine Menge Arbeiten, die, sind sie einmal erledigt, wieder zu machen sind. Fast denkt man an Sisyphos – doch ist unsere Arbeit ja keine ertraglose und dabei schwere Tätigkeit ohne absehbares Ende. Dennoch, sie wiederholt sich oder ist nie zu Ende.

Ein einfaches Beispiel: die Reinigung im Haushalt. Ist man mit der Reinigung fertig, beginnt das Spiel von vorne. Man kann nicht sagen, das war die Aufgabe, jetzt ist sie erledigt und man braucht sie nicht zu wiederholen. Nein, ist es bestens erledigt, so gilt das nur für ein paar Stunden, vielleicht Tage, dann muss man schon wieder dahinter sein. Man ist mit manchen Aufgaben niemals auf eine Art »fertig«, dass man sie nicht mehr machen muss. Das zu erkennen und zu akzeptieren, wäre eine Erleichterung.

Mein eNewsletter zum Beispiel

Am Freitag, allerspätestens am Samstag bin ich im Endspurt des Projekts eNewsletter. Mit gewisser Anstrenung gelingt es alle Komponenten, die ich während der Woche vorbereitet habe, zusammenzufügen. Der eNewsletter ist programmiert für die Aussendung am Sonntag Morgen. Ich atme aus, freue mich über den positiven Abschluß, bin erleichtert. Nur um 24 bis 48 Stunden später wieder in der Situation zu sein, einen neuen eNewsletter zu erstellen und dieses neue Projekt »abzuschließen«.

Genauso geht es mit der Akquise und mit anderen Tätigkeiten. Irgendwie muss zwischen Schule und Studium ein Mechanismus vermittelt worden sein, der einem glauben macht, das ist die Aufgabe, wenn du die erledigt hast, dann bist zu am Ziel und fertig. Halte durch, lerne fleißig, dann hast du die Grundschule fertig und kannst in die HTL.

Kein Mensch wies daraufhin, dass das nur ein neues Starthäuschen ist. Denn jetzt sagen Eltern und Lehrer, lerne fleißig, dann hast du die Matura, bist am Ziel und kannst studieren. 

Wieder fehlte der Hinweis auf das neue Starthäuschen und durchschaut hatte ich das noch nicht. Also wieder höchste Konzentration, tüchtig lernen, darauf achten, dass man das Studium abschließt, um dann am Ziel zu sein. Aber da war es wieder nicht aus.

Jetzt galt es das Unternehmen zu gründen, auszubauen, Aufträge zu akquirieren. Waren die Aufträge da, haben wir die abgearbeitet, aber dann fehlten die nächsten. Es ging einfach weiter. Also wieder den Stein hinaufrollen.

Die Arbeit ist die Arbeit

Es klingt banal, aber ich meine, viele von uns sind sich dieser Banalität nicht bewußt. Man arbeitet, um ein Ergebnis zu erreichen. Vielleicht ist das auch eine westliche Denkweise. Nicht die Tätigkeit ist unser Ziel, sondern das Ergebnis. Dann kann man Feierabend machen, dann kann man in den Urlaub gehen, dann kann man das Jahr abschließen, etc. Aber es ist nicht fertig. Es geht danach weiter, genau gleich oder wenigsten ähnlich. Wieder Akquise, wieder ein Projekt, wieder reinigen, wieder ein eNewsletter. 

Wenn wir glauben, wir machen eine Sache, damit es fertig und geschafft ist und wir erleben das dann doch nicht, weil es eben weitergeht, dann fühlen wir uns im Hamsterrad. Wir laufen schnell zum Ende, nur um es nie zu erreichen oder eben zu erkennen, jedes Ziel ist nur wieder ein Start zum vermeintlich nächsten Ziel. Mir scheint das eine hemdsärmelige Erklärung für Burnout-Gefahr. Aber eine beobachtbare.

Anders ist es im Hobby, wenn wir Sport betreiben, wenn wir spazieren gehen, wenn wir uns unterhalten, etc.; meistens wünscht man da kein Ende oder wir freuen uns auf die Wiederholung. Wir spielen eine Runde Golf, eine Stunde Tennis, gehen laufen; danach fühlen wir uns wohl, freuen wir uns darüber, was gut gelaufen ist und sehen mit Vorfreude auf die nächste Gelegenheit. Wir sind froh, dass es ein nächstes Mal gibt.

Worin liegt der Unterschied?

Die »Arbeit« unseres Hobbys macht uns Spaß, erfüllt uns, fällt uns leicht oder interessiert uns wenigstens. Wenn wir das machen, was wir gerne machen, wenn das »unser Job« ist, dann müssen wir niemals mehr arbeiten gehen im Sinne von »arvum«. Aus »labour« wird »work«, anstrengend zwar, aber freudvoll und befriedigend.

Wenn diese Arbeit, die wir gerne machen und die wir gut können (quasi unser Hobby), dann auch noch von den Menschen benötigt wird und diese bereit sind dafür zu bezahlen, dann hätten wir unser »Ikigai« gefunden.

Der Schlüssel dazu scheint mir die Erkenntnis, dass man nicht etwas macht, um etwas anderes (das eigentliche) zu erreichen – das Ziel –, sondern dass man das macht, weil man es macht. Die Tätigkeit (der Weg) ist das Ziel. Akzeptiert man das, dann ist man ja immer, während der gesamten Tätigkeit, am Ziel. Dann gibt es kein Hetzen, kein Durchhalten, keine Qual. Man macht, was einem Freude macht. 

François-René de Chateaubriand schreibt: »Ein Meister der Lebenskunst trennt nicht Arbeit und Spaß, und er überlässt es anderen, zu beurteilen, ob er arbeitet oder sich vergnügt. In seinen Augen tut er immer beides.«

Meine Arbeit, meine Tätigkeit sind das Schreiben über Design, Design-Thinking, Designmanagement und Servicedesign, die Sparringsgespräche und Design-Thinking-Coachings mit den Managern und Unternehmern, durch die ich sie befeuere, inspiriere und motiviere. Ich nenne es, Managementdesign (und das ist auch als Spaziergang zu buchen).