(Logbuch-Eintrag 2023010D.1605) — Es ist tatsächlich essentiell, ein Tagesritual. Vermutlich bei jedem, aber insbesondere bei Wissensarbeitern. Wir generieren Wissen. Anders als beim Erschaffen von materiellen Produkten oder beim Erbringen von Dienstleistungen gibt es da keine fixe Struktur. Es kann irgendwie ablaufen und vor allem drängen sich jene Dinge, die Struktur erzwingen (oder sie haben) vor und das verwirrt dann noch mehr. Die Ideen werden immer mehr, wuchern, aber sie werden nicht weiterverfolgt – zu wenig – oder nicht realisiert. Das ist beides schade, denn es scheinen gute Ideen zu sein. Ich kann hier nur »scheinen« schreiben, weil ich ja diese Ideen nicht immer (die wenigsten) verfolgen kann, weil sich andere, strukturierte Themen vorschieben und die zarte, noch nicht konkretisierte Idee verdrängen. Dann habe ich wieder meinen Kopf voll mit tollen Ansätzen, ich spüre das, und gleichzeitig das Gefühl, ich käme zu nichts. Beginne ich mit dem Sortieren, dann erscheint es mir als Stückwerk, dass so – auch diese zerfledderte Weise – kaum weitergebracht werden kann.
Dabei ist es klar: mit einem Ritual können diese Ideen weitergebracht werden. Sie entstehen, werden konkret und lassen sich weiterentwickeln durch schreiben. Indem ich hier sitze und über eine Idee nach der anderen schreibe, fixiere ich die Gedanken und manifestiere ich die Idee. Damit beginnt die Realisation. Es wäre so einfach. Aber diese Zeit nehme ich mir nicht, denn die ist nicht vorgesehen, nicht geplant. Geplant ist, dass ich am Projekt X arbeite und dafür y Zeichnungen erstelle. Diese Zeichnungen erfordern nachdenken und gemeinsam verschlinge sie die gesamte verfügbare Zeit. Gebe ich meinen Ideen etwas Zeit, meldet sich schlechtes Gewissen, weil dieser Auftrag nicht bearbeitet ist.
Mache ich mir zu viele Gedanken? Vielleicht. Der Auftraggeber wünscht kein langes Nachdenken, sondern rasch ein paar Zeichnungen, wie etwas aussehen und bedient werden soll. Doch das ist ja nicht einfach so hinzufetzen, das soll doch gut und logisch richtig sein. Es ist ja ohnehin oft nicht ganz korrekt, mit logischen Ecken im Gesamtsystem, die man (ich) später ausbügeln muss.
Ich bin in der vierten Phase: »Im Steigflug.« Aber das neue Logbuch gibt es noch gar nicht. Ich komme nicht dazu. Diese anderen Dinge drängen sich vor.
Oh, das macht mich auch etwas unglücklich?
Wirklich?
Ja, weil ich ja wieder stressbehaftet an Dingen arbeite, die mir eigentlich Freude bereiten. Also nicht wirklich unglücklich, weil ich mich gerne damit beschäftige und doch, weil eben enormer Druck besteht.
Ich sollte mich nicht mehr ärgern oder aufreiben, sondern ich arbeite so, wie es gerade passt. Aber mehr Tagesstruktur, die diese gewünschte Arbeit fördert, wäre nützlich. Diese Struktur entsteht, wenn es ein Ritual gibt. Aber wie sähe das bei mir aus?
Ich muss – später! – darüber nachdenken, wie ich das plane, was ich machen will, wie ich es machen will, was meine 12 (oder mehr) Probleme, d.h. Projekte sind. Dann dieser seit gut 20 Jahren gewünschte Stundenplan, diese Struktur, das Ritual. Die Zeit rast so dahin, es ist zum Verzweifeln. Wie kann ich sie bestens nutzen?
Bestens nutze ich die Zeit dann, wenn ich Freude am Tun habe (bewusst schreibe ich nicht »arbeiten«), die Handlung ist das Ziel.