Die Copyright-Thematik bekommt einen ungünstigen Drall. Eine Polemik gegen eine neue (?) Unart, die sich unkrautartig wuchernd auch unter uns ausbreitet.
Wir Bürger sind schon gut auf Neid trainiert, da ist es ein leichtes für manche, daraus ein Geschäftsmodell zu machen: die Verwertungsgesellschaften.
Schön dem Vorbild der politischen Unternehmer folgend, posaunen sie hinaus, wie ungerecht die Welt ist und dass sie nun auf den Plan getreten sind, um dieser Ungerechtigkeit ein Ende zu bereiten. Die Künstler würden von den Anderen (wer immer das ist, die Gesellschaft?) ausgebeutet und man müsse daher Maßnahmen setzen, dass die Leistungen (auch wenn sie nicht nachgefragt werden, ich komm gleich drauf) bezahlt werden. Also müsste man diverse Standardabgaben einführen, die Festplatten-Abgabe, die Musik-Abgabe, und was weiß ich. Dafür braucht es freilich Clearingstellen, Organisationen, die sich »für die Künstler« einsetzen: Verwertungsgesellschaften.
In Wahrheit ist deren Geschäftsmodell so angelegt, dass sie mit den Künstlern Geld verdienen. Mit allen! Auch mit jenen, und das ist eine Mehrheit, die nicht nachgefragt und de facto erfolglos sind. »The Long Tail« bringt gutes Einkommen. Ich lese da von Millionen-Umsätzen.
Was macht eine Vewertungsgesellschaft tatsächlich? Diese Einnahmen werden zum Teil an die erfassten Künstler ausbezahlt, ein Teil wird in der Verwertungsgesellschaft »verbraucht«. Diese Organisation verdient über eine Art staatlich verordneter »Privatsteuer« den Lebensunterhalt (und Profit, sonst funktioniert ein Unternehmen nicht) ihrer Mitarbeiter. Deren Einkommen entsteht nicht durch Wertschöpfung, sondern durch Umverteilen. Es entsteht kein Mehrwert für die Gesellschaft. Eben ganz anders als bei einem Maurer oder einem Bäcker — oder bei einem Grafiker. Da entsteht ja etwas, das nachher da ist, was vorher fehlte (dem einen oder anderen Mitbürger), ein Mehrwert, der durch Honorar abgegolten wird.
Eine Verwertungsgesellschaft zwingt die Repräsentanten der Bürger (die Politiker) dazu, Zahlungspflichten per Gesetz einzuführen; sobald jemand ein Lied pfeift (oder eben öffentlich aufführt) soll er dafür bezahlen. Ein wenig nur, aber gegen Androhung von Strafe.
Jetzt soll das auch gut sein, wenn jemand einen von uns gestalteten Folder zufällig in die Kamera einer ORF-Aufnahme hält? Unsere Leistung würde im öffentlichen Raum genutzt.
Na hoffentlich!
Man beauftragt uns zu designen, auf dass ein Produkt, ein Gegenstand, ein Folder, ein Logo, auch ein Prozess im öffentlichen Raum wahrgenommen und genutzt wird. Jetzt für diese Nutzung Geld zu verlangen ist absurd. Dafür dann eine Organisation zu füttern, deren Kerninteresse nicht der einzelne Künstler, sondern der eigene Profit ist, ist schwachsinnig. Profit ist notwendig, damit eine Organisation funktioniert.
Dass der Organisation der Künstler am Herzen liegt, ist notwendige Aussage. Aber wenn dem so wäre, dann müssten alle in dieser Organisation pro bono arbeiten, ehrenamtlich!
In dem Moment, in dem der GF oder andere Angestellte ihren Lebensunterhalt damit finanzieren, ist es ein Geschäftsmodell, das darauf abzielt, dass sie ihren Lebensunterhalt finanzieren. Sie machen das mit der Leistung der Künstler.
Indem sie sich gerieren die Interessen der Künstler zu verteidigen, erarbeiten sie sich das Recht, Geld dafür zu bekommen. Soweit, so gut, wenn der Künstler das will.
Aber es hat einen Preis!
Einen Preis für die Gesellschaft.
Zuerst waren es die Musiker, die meinten, wenn der Wirt die Musik aus dem Radio spielt und damit mehr Umsatz macht, dann sollten wir daran partizipieren und mehr verdienen als bloß vom Schallplattenverkauf (weil die Menschen wollen die beim Wirten gehörte Musik auch daheim hören).
Jetzt sagen die Grafiker: wenn jemand einen Mehrwert generiert, weil meine Arbeit im öffentlichen Raum gezeigt wird, dann will ich daran partizipieren.
Woher kommt das Geld?
Aus dem Topf, der bislang die hungernden Musiker, etc. fütterte. Es wird umverteilt.
Der Topf reicht ja nicht – die Verwertungsgesellschaften können ihre Aufwändungen für das Engagement der Künstler kaum bezahlen, also muss die Abgabe flugs erhöht werden. Zuerst auf Kassetten, dann auf CD-Rohlinge, auf Kopierapparate, auf Festplatten und USB-Sticks und was weiß ich noch wo man einen »Aufschlag tun müsste«.
Überlegen wir einen Moment, wie das weitergehen könnte. Ich könnte eine Verwertungsgesellschaft für Tischler gründen, weil es ist ungerecht, dass der Tischler nur einmal bezahlt wird (wenn der Stuhl gekauft wird), wenn dann eine Menge Gäste darauf sitzen und der Wirt mehr Umsatz damit macht. Stühle im öffentlichen Raum müssen pro Benutzung extra bezahlt werden und alle Tischler, die sich bei mir eintragen, erhalten eine Zuschuß.
Das kann sich ganz schön zusammenläppern.
Jede Benutzung eines Gegenstands, der Kaffeetasse zum Beispiel, erhöht den Wert und der wird dem Hersteller und dem Designer heute noch nicht bezahlt!
Daher bezahlen wir bei jedem Kaffeetrinken eine kleine Gebühr an meine Verwertungsgesellschaft und ich teile das dann auf alle Hersteller von Kaffeehäferl auf, die sich bei mir kostenlos anmelden. Freilich muss ich ich zuvor meine Aufwändungen abziehen. Ist mein Gehalt 20 €/h? Ha, wohl kaum, ich bin doch GF einer mächtigen Verwertungsgesellschaft mit 3.000 oder mehr Mitgliedern.
Wie finanziert sich das?
Ganz einfach: ein Aufschlag auf Kaffee, Tee, hey, eigentlich auf alle Getränke, denn alle Getränke könnte man aus den Häferln, die ich vertrete, trinken.
Ergebnis: Kaffee, Tee, Kakao, Milch, etc. werden teurer. Nicht weil der Materialpreis steigt, sondern weil ich als Verwertungsgesellschaft eine private Getränkesteuer im Interesse meiner Mitglieder durchgesetzt habe.
Egal, ob jemand meine Häferl (also jene meiner Mitglieder) nutzt oder nicht, jeder bezahlt diese Abgabe und füllt damit meinen Topf. Den ich glücklicherweise nicht mit den Musikern und Schauspielern und Kabarettisten und Fotografen teilen muss.
Jede Töpferin kann sich bei mir kostenlos anmelden und wenn sie mir nachweist, dass sie x Häferl in Umlauf gebracht hat, dann erhält sie ein Benutzungsentschädigung dafür. Wenn sie sie an Wirte verkauft, erhöht sich das, denn die Wirte müssen noch eine Sonder-Abgabe leisten, eine Art Häferl-AKM, denn diese Wirte sind ja jene, die am meisten davon profitieren, dass meine Töpferin diese 10 Häferl in die Welt gesetzt hat. (Ha!)
Wie – der Wirt nutzt gar nicht ihre Häferl? Egal, Recht muss Recht bleiben und Künstler und Tischler und Töpfer geschützt werden. (Und ich muss meine Organisation am Laufen halten. Ich hab ja jetzt schon eine Menge Mitarbeiter und werde das nun europaweit ausrollen.)
Wir kaufen etwas und zahlen für etwas, um es zu benutzen. Den Stuhl, um darauf zu sitzen, den Folder, damit der »zufällig« auf unserem Schreibtisch liegt, wenn der ORF sein Interview mit mir macht und damit der weitergegeben wird. Die Existenzberechtigung des Flyers ist sein Auftritt im öffentlichen Raum. Dafür bezahlt man Design-Honorar.
Dafür noch eine zusätzliche Remuneration zu verlangen ist armselig. Widerspricht dem guten Kaufmann. Ich leiste etwas, ich leiste gute Arbeit, ich bekomme dafür gut bezahlt, gerecht, wertschätzend.
Leiste ich schlechte Arbeit – zum Beispiel mache ich Musik, die niemand hören will – dann steht mir auch kein Körberlgeld zu.
Im Gegenteil, es ist sogar heilsam und steuernd, wenn ich diese unmittelbare Rückmeldung vom Markt habe. Die sagt mir nämlich, dass ich etwas mache, das niemanden interessiert. Niemanden!
Dafür nun Förderungen und Unterstützung zu verlangen ist absurd. Wer will sie einem geben? Die Bürger, die das nicht interessiert?
Nein, wir gehen doch zum Politiker.
Aber haben wir vergessen, wer der Politiker ist? Das ist der Repräsentant der Bürger. Wenn die Bürger die Musik nicht mögen (oder das Theaterstück), dann darf der Politiker nicht das Geld der Bürger dafür verwenden. Das könnten jene Bürger zahlen, denen es wichtig erscheint. Aber die könnten das viel besser, indem sie sich die Musik kaufen und das Theaterstück ansehen (gegen richtiges Eintrittsgeld).
Aber der Politiker, der politische Unternehmer, weiß wie er sich an der Spitze hält. Indem er sich die Meinungsbildner kauft – erraten, die Künstler. Wenn er genug davon füttert, dann reden die nicht blöd und dann entsteht ein Flywheel.
Ich schweife ab.
Viel besser als sich mit solchen Modellen und Vertragsverhandlungen abzumühen, ist es Top-Arbeit zu liefern, die entsprechend nachgefragt wird.
Ist es wirklich TOP, dann steigt die Nachfrage. Nachdem sich die wenigsten Künstler klonen können, sinkt zwangsläufig das Angebot in Relation zur Nachfrage.
Das bedeutet?
Taferlklasse Wirtschaft: die Preise steigen!
Sie steigen derart, dass man es (wir wurden so sozialisiert) fast schon obszön nennen könnte. 150.000 USD für einen einstündigen Vortrag? Warum nicht, wenn es nachgefragt wird? Clinton schaffte 2011 sogar 750.000 USD für einen Vortrag.
Es gibt kein Recht darauf nachgefragt zu sein. Es gibt kein Recht, Künstler sein zu dürfen, sich ausdrücken zu dürfen, der Gesellschaft einen Spiegel vorzuhalten und dafür auch bezahlt zu werden.
Es gibt kein Recht darauf.
Dass manche Menschen das mögen und bereit sind dafür zu bezahlen ist gut. Das bestätigt, dass es nachgefragt wird.
Wir kaufen eine Semmel und essen die auf. Nach Argumentation der Verwertungsgesellschaft korrekt. Einmal zahlen, einmal nutzen (essen).
Aber der Stuhl, auf dem wir sitzen, der Computer auf dem wir arbeiten, die Leuchte, die uns Licht gibt, all das nutzen wir mehrfach. Aber wir haben es nur ein Mal bezahlt.
Kaum kommt jemand anders drauf (die Software-Industrie), dass das mit der Einmalzahlung ungerecht sein könnte und zwingt uns Designer in die Creative-Cloud mit monatlicher Zahlung, schon folgt der Aufschrei, die Beschwerde gegen den Kapitalismus.
Aber genau das ist es. Mehrfach genutzt, noch dazu um Geld zu verdienen, ist es nur fair mehrfach zu bezahlen. Oder?
Also machen es vielleicht bald auch die Tischler, die Glaser, die Installateure und Elektriker, usw. Alle verkaufen nicht die einmalige Montage, sondern die dauernde Nutzung.
Von einem Künstler, der mir nicht taugt, kaufe ich nichts. Ich will auch keine Festplattenabgabe für diesen Künstler bezahlen!
Niemand zwingt ihn Künstler und niemand zwingt uns Designer zu werden. Wir können auch Gärtner oder Fleischer werden.
Aber dann kommt eine Verwertungsgesellschaft auf die Idee und verlangt Copyright, weil die Pflanze auch im nächsten Jahr blüht.
Weil es die nicht gibt, diese Verwertungsgesellschaft, baue ich diese Funktion »blüht jedes Jahr« einfach aus, dann muss man jährlich bei mir einkaufen. (Gentechnik macht es möglich.)
Oha?
Wir kennen das Modell und es gefällt uns gar nicht. Diese Saat-Multis sind doch uns aufgeklärten Kreativen ein Dorn im Auge. Kapitalismus der unguten Art, oder?
Warum eigentlich? Die machen es so, wie wir es auch gern machen würden. Wenn jemand dauernden Nutzen aus unser Arbeit zieht, weil der Folder im öffentlichen Raum auftaucht, dann soll bezahlt werden. Am liebsten laufend. Wir haben doch s u p e r designt.
Woher das Geld kommt interessiert uns nicht.
Immerhin sind es 400 € im letzten Jahr gewesen, meinte jüngst ein Kollege (na bravo, die Miete für ein Monat? — Nicht, dass 400 € kein gutes Geld wären, aber das kann nicht für das eigene Design-Business entscheidend sein. Wenn doch, dann sollten wir reden.)
Die Verwertungsgesellschaften wollen mit eurer Arbeit ihr Geschäft machen. Eure Leistung, die ist produktiv für unsere Gesellschaft, für die Bürger — die Rechteeintreiber hingegen sind unproduktive Verwalter. Sie erschaffen mit ihrem Geschäftsmodell eine Privatsteuer und feuern die Teuerung an. Die Festplatte ist teurer als sie sein müsste, der USB-Stick, später dann auch der Kaffee und der Tee und auch die Stühle (wenn mein Modell realisiert wird); nur die Semmel und das Brot sind gefeit, weil ja verbraucht wird, was bezahlt wurde.
Hey, wir stehen auf den Schultern von Riesen.
Nein, stimmt nicht.
Wir stehen auf den Schultern von Zwergen, die auf den Schultern von Zwergen stehen, die auf den Schultern von ... Von Riesen keine Spur.
Aber damit ist es jetzt aus.
Denn ihr seid ja nicht dumm. Ihr werdet Mitglied der Verwertungsgesellschaft und auf eure Schultern darf man sich nur noch stellen, wenn man Gebühr dafür bezahlt.
Die »gute Organisation« sammelt die Gebühr für euch ein und verteilt sie fein und »gerecht«. Alle bekommen was, unabhängig wie gut sie sind und wie sehr sie nachgefragt werden. Unabhängig, ob jemand auf deren Schultern stehen will oder nicht. Dass das die Gesellschaft behindert, interessiert nicht.
Nein, das kann ich nicht glauben … wir müssen diskutieren!
Was ist deine Meinung, was sagst du dazu?
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Buchtipp dazu: »Against Intellecutal Monopoly«
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