Die Ordnung bildet sich – von innen nach außen

08/11/2022

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(Logbuch-Eintrag 20221108.0637) — Noch schnell, bevor ich los muss. Die Auslastung ist jetzt sehr gut – ich freu mich und bin voll energetisiert. Doch jetzt brauche ich diese seit Jahren angesprochene Ordnung. Diese spezielle Zurechtlegung aller Dinge und Aktivitäten, allen Seins, könnte ich fast sagen. Ich hab das vorige Woche notiert. Es drängt mich diese Ordnung zu schaffen, weil ich spüre, dass das dem ganzen Halt und Struktur gibt; das klingt jetzt banal in meinen Ohren (d.h. es liest sich banal, freilich), aber es erscheint mir fundamental. Das ist nicht bloß Ordnung im Sinne von zusammenräumen oder schlichten, es ist etwas Komplexeres, Umfassenderes, etwas Durchdringenderes. Es beginnt in der bekannten Ordnung, der sichtbaren Welt, also beim Zusammenräumen, aber es geht tief nach innen. Über die Tätigkeiten, die Zeit-Einteilung, die Prozesse (auch die eigenen, persönlichen – ja, das sind ja letztlich auch Prozesse, manche standardisiert, manche nach Bedarf, die meisten, manche nach Prinzipien), am Ende fühlt man innere Ordnung, die sich von außen kommend bilden kann oder sich bildet aufgrund der jeweils äußeren Ordnung und dann – das erscheint mir nun besonders wichtig – von innen nach außen strahlt und diese äußeren Welten positiv beeinflusst.

Diese Ordnung brauche ich und die bildet sich nun, weil es nicht anders sein kann. Das Studio (die äußerste Ordnung) ist fast fertig geordnet. Meine aktuelle Arbeitslast drängt mich (sie zwingt mich nicht, ich könnte auch ausweichen) die nächstäußeren Ordnungsschicht zu ordnen: die Zeiteinteilung. Sonst schnappt sich ein Projekt – jenes, das am lautesten schreit – die meiste Zeit und die anderen zeitverhungern. Das soll und darf nicht sein. In Griff bekomme ich das, wenn ich jedem Projekt seine Zeit zuteile: also Ordnung in der Zeit schaffe.

(Logbuch-Eintrag 20221108.1803) — Fast 12 Stunden später sitze ich hier in meinem Zoom-Sprechzimmer und warte, ob Studenten mit Fragen kommen. Aber nichts. In der Zwischenzeit hielt ich einen Design-Thinking-Refresh-Workshop und führte eine köstliche Unterhaltung mit dem Philosophen. Zu den Studenten frage ich mich, warum machen sie das? Geht es tatsächlich um Erkenntnisgewinn mit dem Sahnehäubchen Zertifikat? Oder geht es um das Zertifikat, der Illusion aufsitzend, dass mit dem Papier die Anstellung und Bezahlung eine bessere sein wird? Ich weiß es nicht. Einige scheinen mir tatsächlich am Inhalt interessiert zu sein, aber einige scheinen auch dem Inhalt nicht gewachsen zu sein. Ich erkenne kein Engagement, kein Eigeninteresse, keine kritischen Fragen, sondern erlebe nur ein brav mitschreiben – und das auch nur halbherzig, fehlerbehaftet, manchmal einfach falsch. Doch das fällt nicht auf, weil es einfach mitgetippt wird. 

Jetzt könnte es sein, dass ich manche Themen etwas kompliziert vorgetragen habe (ich glaube das ja nicht, aber es könnte sein). Dafür bot und biete ich wöchentlich diese Sprechstunde an. Und was ist? Niemand kommt. Man könnte doch meinen, wenn der Lehrer unklar vorträgt, dass man dann jede Gelegenheit wahrnimmt, um diese Unklarheiten aufzulösen. Also würde man in diese Sprechstunde kommen. Besser hier fragen, wo die anderen es nicht direkt mitbekommen, als vor der Gruppe, wo man sich nicht geistig entblößen will (was zwar eh nicht der Fall ist, nicht sein kann, denn die Universität ist eine Lernanstalt und man kann nur durch Fragen lernen). Jetzt warte ich einfach eine halbe Stunde, aber dann werde ich gehen. Mal sehen, vielleicht kommt noch ein Eintrag. Wesentlich war mir festzuhalten: das Zertifikat ist wertlos, wenn ich nichts weiß. Das Wissen ist wesentlich, das Zertifikat belegt das Wissen für jene, die unfähig sind, das Wissen zu prüfen. Mir scheint, es werden immer mehr, die gar nicht Wissen prüfen können, sondern dieses Wissen durch Zertifikate als Vorhanden annehmen. Welch ein Irrtum!


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