(Logbuch-Eintrag 20230811.0949) — Die neue Vorgangsweise hat sich bewährt. Am Mittwoch war ich sehr produktiv. Ich nutzte die »Cherry-Tomato-Methode« – eine von mir so benannte Arbeitsweise, die sich von der Pomodoro-Methode ableitet. Statt 25 Minuten arbeitet man in 15-Minuten-Häppchen. Das machte mir den vergehende Zeit bewusst und zwang mich zum schnell arbeiten, weil ich ja nach dem einen Cherry-Tomato einen anderen bearbeiten will (wollte). Gleichzeitig ist es abwechslungsreich – und das ist der eigentliche Vorteil für manche von uns.
»Kreative Menschen«, diese Künstler, Schauspieler und Designer, etc. sind deshalb tendenziell einfallsreicher, weil sie sich leicht ablenken lassen und dadurch laufen angeregt werden Querverbindungen zwischen Dingen herzustellen, die man »normalerweise« nicht miteinander verknüpfen würde.
Das Verknüpfen ist der Vorteil, die Ablenkungsgefahr der Nachteil. Ein enormer Nachteil, denn der wird verstärkt – zumindest konnte ich das bei mir beobachten – wenn der Abwechslungsreichtum sinkt. Wenn also eine Arbeit langwierig wird, man viele Dinge entscheiden muss, aber das im Moment noch nicht kann (z.B. die Designarbeit, sie ist ja mehrheitlich eine Entscheidungsarbeit), dann beginnt eine Art Langweiligkeit aufzukommen, die man kompensieren »muss«. Man trödelt dann herum und plötzlich fällt einem ein, dass da noch dieses Produkt auf Amazon zu suchen und jener Artikel auf Medium nachzuschlagen war, dass man diese Dokumente woanders lagern könnte und man die ToDo-Liste etwas anders sortieren sollte ... »damit man besser mit der [aktuellen] Arbeit vorankommt«. Man prokrastiniert!
Ist die Arbeit aber fordernd und daher abwechslungsreich, ist man im Flow, dann geht’s dahin. Dann ist die 15-Minuten-Einschränkung wertlos, denn jetzt muss man auf dieser Produktivitätswelle reiten. Man rast förmlich dahin.
Aber das ist ja nicht immer der Fall. Häufiger liegt die erstere Situation vor, man muss eine Entscheidung treffen und das gelingt im Moment noch nicht.
Mit der Cherry-Tomato-Technik wird genau diese Langeweile verhindert. Die Prokrastination wird verhindert, weil man nicht Kaffee-Häferl abwaschen oder Youtube-Shorts ansehen muss, sondern der nächste Cherry-Tomato ist abzuarbeiten. Alle 15 Minuten etwas anders machen ist enorm abwechslungsreich. Weil diese Arbeiten immer etwas anderes sind, ist man zwar tendeziell gehetzt, aber eustress-artig – positiv gehetzt, eben abwechslungsreich. Man kann auch nicht immer alles fertigstellen in den 15 Minuten und stoppt in einer Sache, macht dann 15 Minuten am anderen weiter, kommt man zurück zur ersten Aufgabe und weiß dann sofort, wie es weitergeht. Die »Hemingway-Bridge« ist quasi in diese Vorgangsweise eingebaut.
CTs (Cherry-Tomatos) abzuarbeiten ist also für manche Menschentypen ein Vorteil, weil sie schnell arbeiten wollen (das muss man bei CTs) und sprunghaft (auch das ist bei CTs erforderlich). Die große Abwechslung in der Arbeit beflügelt und verhindert das Prokrastinieren. Am Ende hat man viele Projekte ein wenig weitergebracht. Auch das liefert Zufriedenheit.
Einzige Vorgabe: man muss zuvor wissen, welche CTs man machen will, an welchem Projekten man heute arbeitet. Es ist günstig, wenn man genau weiß, was man in den 15 Minuten – zumindest in den ersten – machen will.
Diese Tätigkeit darf dann auch mehrere CTs verbrauchen, aber maximal zwei hintereinander (also ein Pomodoro), dann soll man wechseln.
Ich stellte fest, mache ich mehrere Pomodoros zu einem Thema hintereinander, dann stockt der Fortschritt, die oben beschriebene Langeweile keimt auf, Prokrastinationsgefahr steigt. Dazu kommt, dass am Abend nur ein Projekt Fortschritte gemacht hat und man daher mit schlechten Gewissen gegenüber den anderen, heute vernachlässigten Aufgaben, Feierabend macht. Das ist nicht gut.