Immer wieder passiert es manchen Teilnehmern bei unseren Deepdives zum Business-Model-Canvas, dass sie einzelne Felder des Business-Model-Canvas’ »falsch« ausfüllen. Gelegentlich sieht man diese Fehler auch im Internet – sogar von durchaus versierten Beratern.
Die Methode »Business-Model-Canvas« ist sehr mächtig und schlau. Die Theorie hat Alexander Osterwalder damit genial verdichtet. Durch das Business-Model-Canvas wäre ein Business-Plan auf 11 Seiten machbar (mit Cover wären es 12 Seiten, die man dann als Heft ausdrucken könnte): das Business-Model-Canvas (BMC) gibt die Übersicht, je eine Seite für jedes BMC-Feld erklärt die Details des Feldes, ein Blatt zeigt die Tabellenkalkulation (also welche Kosten durch welche Einkommensströme gedeckt werden und wieviel Überschuß ab wann zu erwarten ist). Fertig.
Auf diese Weise – als 12-Seiter – dargestellt, würde das jeden Investor freuen. Freilich kann man dann, bei Bedarf, zusätzlich den 238-seitigen Anhang aushändigen, der das Marktumfeld und all die anderen Fakten, die eine Bank heute braucht, damit sie eine Finanzierung durchführen kann, darstellt. Für den Unternehmer-Alltag braucht man das eher nicht. Das ist nämlich genau jener Teil, den Steve Blank meint, wenn er sagt, dass der Businessplan den ersten Kunden nicht überlebt. Aber die 12 Seiten und vor allem der Überblick (das BMC), das ist das Tageswerkzeug für den guten Unternehmer.
Der Grund für die Fehler liegt darin, dass diese Methode beim ersten Hinschauen sehr einfach aussieht. Man versteht es sehr schnell und jeder erkennt die Sinnhaftigkeit und die Zusammenhänge. Diese Einfachheit verleitet zum schnellen Abnicken der hingeklebten Postits.
Ja, das Wertversprechen ist unser Produkt. Der Tisch beim Tischler, der Wurstsalat beim Heurigen.
Nein, doch nicht, das Wertversprechen ist »Einrichtung« und »Heurigen-Seligkeit«. Schon besser. Und dann?
Dann füllt man andere Felder aus. Man nennt die Kunden: Familien, Alle, ..., Freizeitunterhaltung-Suchende.
Hm, das müsste doch präziser gelingen.
Ok, es sind 28- bis 45-jährige Frauen und Männer, die gerne einen Sommerspritzer trinken und bevorzugt im Freien tratschen und fröhlich sind.
Die Beziehung des Wirten zu ihnen ist herzlich, direkt und persönlich. Der Heurigen-Wirt grüßt jeden und verabschiedet ihn – früher mit Handschlag, heute mit Faust-Tupfen (oder wie man diese Grußart nennt).
Die Kanäle der Kommunikation? Naja, man findet den Heurigen über die Website, über den Newsletter und dann sitzt man im Lokal, das heißt im Gastgarten. Früher jedenfalls (und bald wieder).
Sie kleben also in den einzelnen Feldern Postit mit Fachbegriffen, mit »Website« oder (seltener) »Newsletter«, mit Preisen und Beziehungsformen.
Manchmal allerdings verwirrt man sich und meint, die Beziehung sei eine monatliche Gebühr (ui, ganz falsch) oder der Newsletter (hm, naja, eher mittelfalsch).
Wobei auch mein »falsch« diskussionswürdig ist. So richtig falsch ist das alles nicht. Das Business-Model-Canvas ist philosophisch zu behandeln. Absolut falsch kann man es nicht machen. Man kann nur keine Erkenntnis erlangen.
Man kann ja durchaus der Meinung sein, die Beziehung zum Kunden besteht in einer monatlichen Zahlung. Aber was leiten wir daraus ab? Die Beziehungen geben Hinweise auf notwendige Kanäle und Aufgaben. Die Aufgaben weisen uns auf notwendige Ressourcen und Partner hin. Das alles verursacht Kosten. Die müssen wir erwirtschaften durch passende Preismodelle. Wir brauchen also das richtige Produkt, damit die Preise erzielbar sind. Das richtige Produkt ist dann richtig, wenn wir damit einen Wert versprechen können — das Wertversprechen. Das wiederum erzwingt Aufgaben, Ressourcen und Partner. Seine Herstellung verursacht Kosten. Und so weiter.
Sie erkennen an diesen turbulenten Schreibkreisen, dass das Business-Model-Canvas kein Formular ist, das man ausfüllt, damit man fertig ist. Das Business-Model-Canvas ist ein Hilfsmittel, mit dem man trefflich über sein Geschäft nachdenken, darüber philosophieren kann. Mit den Geschäftspartnern, mit den Investoren, natürlich und unbedingt mit den Mitarbeitern. Man macht das häufig, bei der jährlichen Strategiesitzung, die neuerdings vielleicht besser quartalsweise oder häufiger stattfindet. Man sieht es sich wöchentlich, vielleicht sogar täglich an.
Das BMC ist als Spielbrett zu verstehen. Genauso, wie Sie beim Fernschach-spielen täglich die Figuren am Schachbrett sehen und plötzlich die Eingebung eines genialen Zuges haben, sehen Sie die Postit am Business-Model-Canvas und plötzlich durchzuckt Sie die entscheidende Geschäftsidee. Sie erkennen vielleicht spontan, wie Sie das Wertversprechen alternativ erfüllen können; oder welche anderen Produkte Sie mit Ihren Ressourcen anbieten könnten; oder welcher Partner kritisch sein wird, wenn die Politiker den Lockdown doch noch verlängern. Sie ahnen jetzt, welche Nachrichten relevant für Sie sein könnten (die Chinesischen, die Spanischen, ...?)
Sie merken schon: Auch wenn das aktuelle Geschäftsmodell »richtig« mit dem Business-Model-Canvas dokumentiert ist, kann es falsch verwendet sein. Nämlich dann, wenn es nach der Arbeit der Dokumentation zur Seite gelegt wird. Meist wird es noch einmal kurz betrachtet, eventuell auch den Freunden, gelegentlich den Mitarbeitern vorgetragen und aus. Doch damit verpassen Sie mitunter die größte Chance Ihres Unternehmerlebens und zerstören Sie die beste Funktion des BMC: die Variantenbildung.
Das ist der Grund, weshalb wir weniger Einführungsvorträge und Workshops zum Business-Model-Canvas machen (natürlich machen wir die, denn auch nach 10 Jahren ist die Methode nicht weit genug verbreitet) und uns viel mehr auf die Deepdives konzentrieren. Denn unsere Leidenschaft liegt in der Variantenbildung.
Das BMC erlaubt es gefahrlos über die wildesten Alternativen nachzudenken. Es regt an auszuprobieren, was passieren könnte (oder müsste), wenn man sein Produkt herschenken würde. Oder wenn der wichtigste Lieferant ausfällt. Oder – ganz aktuell – der entscheidende Kanal (der Gastgarten) verloren geht.
Hat man das einmal durchgespielt, dann hat man seinen Geist aus den eingefahrenen Gleisen befreit und ist – flugs – innovatiV! Das wünscht sich doch jeder. (Meine Finger tippten »unabsichtlich« ein großes V für Churchills »Victory«.)
Seinen Sie also innovatiV!
Nutzen Sie das Business-Model-Canvas »richtig« – d.h. die Felder mit passenden Begriffen gefüllt und dann darüber philosophiert, was das insgesamt für Ihr Unternehmen bedeutet. Dann erkennen Sie schnell, wie Sie die aktuellen Herausforderungen meistern können.
Das ist angewandtes Design-Thinking, Design-Thinking vom Designer, von mir.
Vielleicht wollen Sie ein kostenloses Erstgespräch führen und von mir persönlich erfahren, wie Sie von all diesen unsäglichen Modewörtern profitieren können. Es sind nicht die Wörter, es sind die Konzepte dahinter, die Ihre Kraft steigern. Gerne erzähle ich ganz besonders Ihnen davon.
Buchen Sie Ihr Erstgespräch! Was kann schon passieren? Zwei g’scheite Menschen haben sich eine halbe Stunde unterhalten und sind dabei klüger geworden.
Übrigens, meine Monografie »9 Schritte zum besseren Business Model« dazu, erscheint nächste Woche ist bereits erschienen.
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