1.
Industrial Designer gestalten nicht nur Gegenstände, sondern auch Dienstleistungen, Prozesse und Nutzer-Erlebnisse. Sie machen das mit einer Herangehensweise, die als Design-Thinking bekannt wurde. Beobachtet man diese Herangehensweise bei einer Menge Designern, so erkennt man Muster eines Ablaufs – manche Vorgänge sind ähnlich, manche vergleichbar. Aber diese Abläufe sind bestimmt niemals ident. Nicht unter den Designern und auch nicht unter den Projekten eines einzelnen Designers. Jeder Designer arbeitet anders, jedes Projekt verlangt eine andere Vorgangsweise. Die Umstände sind nie ident und daher sind es auch nicht die Vorgangsweisen zur Problemlösung.
Wohl aber sind diese Vorgangsweisen verwandt miteinander, eben ähnlich. Man erkennt Muster.
Diese Vorgangsweisen unterscheiden sich nicht nur untereinander, sondern zusätzlich unterscheiden sie ich drastisch von vielen Vorgangsweisen in anderen Arbeitsfeldern, zum Beispiel von denen im Controlling oder in der Betriebswirtschaft.
Sie unterscheiden sich (!), sie sind nicht besser oder schlechter, sie sind bloß anders.
Design-Thinking ist demnach eher als ein Muster zu beschreiben, das sichtbar wird, wenn man viele Designer beim Arbeiten beobachtet und deren Vorgangsweise analysieren würde. Es ist bestimmt kein straff definierter Prozess und er ist garantiert nicht immer exakt gleich.
2.
Design-Thinking ist eine Herangehensweise und daher kann man das nicht für sich allein haben wollen. Eine Herangehensweise. Es kauft ja auch niemand »schreiben« oder »stemmen« ein, auch nicht »backen« oder »rechnen«.
Man kauft Menschen ein (man beauftragt jene), die das können und nur weil man damit (mit ihrem Können) etwas erreichen kann.
Jemand soll schreiben, damit ich meine Memoiren zu Papier bringen oder meine Meinung verbreiten kann, stemmen, damit die Gasleitung in der Wand verschwindet, eine Person bäckt, damit wir Brot haben und eine andere rechnet, damit die Mengen stimmen und die Menschen satt werden.
Man kauft Design-Thinking ein, damit das Neue in die Welt gelangt. Gewünscht ist Innovation, eine Erneuerung. (Ich verweise auf Michael Leube: »Der Mensch leidet an Neophilia, der Lust am Neuen.«)
Diese Erneuerung soll in irgendeiner Form gelingen – aber sie ist in jedem Feld gewünscht.
Im Konsumartikel-Bereich ist es offensichtlich. Sieht das jüngste iPhone genauso aus, wie das vorherige, dann sind die Journalisten enttäuscht – und auch die Konsumenten. Es muss neu aussehen, neu sein.
In anderen Bereichen ist es auch erwünscht, will man auch Neues in Anspruch nehmen. Bitte, manchmal soll diese Neuerung moderat ausfallen, allzuviel soll sich nicht ändern, aber NEU ist gut. Ein neues Betriebssystem, eine neue Benutzeroberfläche, ein neuer Prozess oder Ablauf. Wir brauchen neue Dienstleistungsprodukte, neue Geschäftsfelder, neue Verkaufsmethoden! Kann man nicht die Vorgangsweise erneuern, eine neue Linienführung der U-Bahn oder der Straßenbahn? Welche neuen Methoden kann man anwenden, um den Umsatz zu steigern? Neue Interessen entwickeln, neue Kunden finden, neue Buzzwords prägen. Neu, pardon, innovativ und agil wäre fein.
Innovation ist seit Jahrzehnten der Antrieb der Wirtschaft. Die Menschen wünschen es im Business und im Privaten, beim Produkt-Portfolio und bei Geschäftsmodellen. Design-Thinking ist die dafür notwendige Handlung, die adäquate Aktivität. Auch die Politik könnte es nutzen. (Psst, designen ist in letzter Konsequenz politisch.)
3.
Fürs Schreiben brauchen wir einen Stift, fürs Stemmen Stemmeisen und Hammer, fürs Backen den Ofen (und mehr, auch das Gas und das Getreide), fürs Rechnen – tja, das könnte man auch im Kopf – wenn man es kann. Mit einem [Abakus](https://de.wikipedia.org/wiki/Abakus_(Rechenhilfsmittel)) geht es leichter, mit dem TI-59 (oder HP-41C) sowieso.
Für manche Aktivitäten braucht man Werkzeuge, für andere sind sie bloß nützliche Hilfen, Erleichterungen. Stimmulanzien.
Ein probates, ja wie sich zeigte gar geniales Werkzeug, um das zu erreichen, ist das Business-Model-Canvas. Damit gelingt systematische Innovation mit Verstand.
Warum?
Weil ich mir über alle relevanten Dinge Gedanken mache, weil ich die chaotisch anmutenden Design-Thinking-Gedanken geschäftsmodellartig oder geschäftsmodelltauglich schnell damit sortiere.
Mehr noch, ich werde davon angeregt, mir alle Facetten anzusehen und kann dann entscheiden, welche davon ich jetzt, welche später und welche ich gar nicht bearbeite. Ich entscheide das und es passiert mir nicht.
Das Business-Model-Canvas ist in der Praxis schwer unterschätzt – von beiden Denktypen, den kausal denkenden Managern und auch den chaotisch-vernetzend denkenden Designern.
4.
Gesucht ist die Richtung, die einzuschlagen ist. Auf dem Weg in Richtung des Leuchtturms der Unternehmensentwicklung realisieren wir aus einer Abstraktion die jeweils sinnvollen und verfügbaren Optionen.
Design-Thinking passend (richtig) angewandt, schafft das Gewünschte: die Innovation und so wie es uns Patrick Whitney erklärt, ist die Vorgangsweise deutlich besser verständlich – eben als ein Muster, weniger als Prozess.
Designer hinterfragen, warum ein Produkt existiert. Es interessiert primär, was der Nutzer damit erreichen will. Nicht, »Was wollen Sie tun«, sondern »Was wollen Sie erreichen«, lautet die Frage.
Der Konsument, jeder Nutzer, sucht funktionalen, emotionalen oder sozialen Nutzen. Es gilt, Bedürfnisse zu befriedigen. Wir abstrahieren daher zuerst das vorliegende Produkt und visionieren dann in die Richtung, in der der Erfolg zu erwarten ist.
Eine Vielzahl an Optionen lassen sich aus der Abstraktion des Produkts ableiten. Nicht alle kann man umsetzen. Manchmal fehlt die Technik, manchmal das notwendige Geld, manchmal passt es nicht in den Kulturkreis (wäre nicht anschlussfähig und daher erfolglos). Das Business-Model-Canvas ist dafür mein Hilfsmittel, denn da notiere ich meinen Status und damit exploriere ich mögliche Varianten. So erkenne ich die Optionen, die umsetzbar sind und mit geeigneter Vorgangsweise realisiere ich sie zum jeweils passenden Zeitpunkt.
Das klingt enorm abstrakt. Ist es auch. Wir sind mitten drin, im Auge des Design-Thinking-Wirbels. Um das zugängiger zu machen, habe ich drei Phasen ausgearbeitet: abstrahieren, visionieren, realisieren.
A – Im Innovation-Ramp-up abstrahieren wir aus der aktuell vorliegenden Situation, dem konkreten Produkt, was tatsächlich gewünscht ist, welcher Job zu erledigen ist und schaffen damit die Grundlage für die Projektion.
B — Wir starten die Innovation-Mission und visionieren was gewünscht sein wird. Wir erarbeiten aus der abstrakten Grundlage mehrere Optionen in ein bis mehreren Leuchtturm-Workshops. Diese Optionen prüfen wir mit dem Business-Model-Canvas in mehrere Dimensionen. Gibt es Kunden dafür, wer sind sie, was bezahlen die dafür, wieviel wäre es ihnen wert? Haben wir passende Ressourcen und Fähigkeiten, welche Partner kennen wir und können uns unterstützen, wen brauchen wir, was müssen wir erst entwickeln für welche Option und vor allem, mit welchen Kosten ist das verbunden?
C — Mit Innovation-Evolut realisieren wir die Optionen. Die einfachste zuerst, die anderen sobald es die passenden Rahmenbedingungen gibt, insbesondere der Markt reif dafür ist. Es braucht kein iPad, wenn die Menschen noch kein iPhone kennen. Das wäre nicht anschlussfähig gewesen. Innovation-Evolut befreit den Wunsch nach Innovation von der Qual der Umsetzung. Verzögerung bei der Umsetzung ist eines der großen Hürden bei den Unternehmern heute, wie ich bei meiner Anfang 2022 gemachten kleinen Umfrage herausfand. Innovation-Evolut hält die Projektteilnehmer accountable und spornt zur Umsetzung an — klarerweise, wie könnte es anders sein, mit der (pragmatischen) Herangehensweise der Designer (doing, not talking).
5.
Design-Thinking als Herangehensweise ist in allen Felder nutzbar. Gebraucht wird aber nicht die Herangehensweise, sondern Innovation. Alle suchen die Richtung, die sie einschlagen sollen, den Leuchtturm. Das Business-Model-Canvas hilft dabei, die Innovation zu validieren, das Design-Thinking-Modell lässt uns die Innovation evozieren.
Angebote
Für die Unternehmer und Manager biete ich Innovation-Sparrings und Innovation-Walk an, das Innovation-Ramp-up, die Leuchtturm-Workshops und Innovation-Evolut, sowie Produktivitäts-Coaching.
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