Über Pomodoros

01/04/2023

Kommentar

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Die Produktivität steigern. Das wollen viele Wissensarbeiter. Zahlreiche Methoden werden angeboten und gesucht und studiert. Die »Pomodoro-Technik« ist eine davon. Entdeckt, um die Prokrastination zu stoppen. Oder jedenfalls, um in die Gänge zu kommen.

Die Produktivität steigern zu helfen ist auch eines meiner Beratungsthemen. Da gibt es eine Menge Vorgangsweisen in meiner Werkzeugbox, der Pomodoro ist eine davon. Mit ihr hab ich jüngst experimentiert und das sind neue Gedanken dazu (die demnächst auch in einem Buch über »Productivity Hacks« zu finden sein werden).

Als Wissensarbeiter hat man freilich größere Arbeiten zu erledigen, als dass die in 25 Minuten zu erledigen wären. Und man hat eine Menge Arbeiten, die auch zu tun sind, die tatsächlich pomodoro-kurz sind, oft auch einfach erscheinen. Es sind diese kleinen Aufgaben, die man machen muss (die Buchhaltungsbelege oder Reiseabrechnung), die man meint, schnell erledigen zu können, damit sie »weg« sind. Das ist nicht unklug. Viele kleine, tendenziell unwichtige Aufgaben, sind dennoch offene Fäden, die uns behindern das große Thema, die wichtige Aufgabe, das Projekt zu bearbeiten. Also tendiert man dazu sich dieser kleinen losen Enden zu entledigen und die, eben unwichtigere, Aufgabe zu erledigen. Anstelle am großen weiterzuarbeiten. Man prokrastiniert. So lange, bis die Panik genug Energie generiert, dass man am Großen dran bleibt und es löst. Das gelingt dann nicht immer, Aufgaben brauchen ihre Zeit und sollen entspannt bearbeitet werden. Dann sind sie sauber durchdacht, gut gelöst, wertvoll. Wenn es gelingt, dann eben unter Stress und Tränen, das ist nicht gesund und auf Dauer selbstzerstörerisch.

Entspannt ein Projekt bearbeiten und damit fertig werden gelingt nur, wenn wir diszipliniert sind. Wenn wir gut planen und dann unseren Plan realisieren, also zur Stunde X an Thema Y arbeiten. Aber wer will schon immer diszipliniert sein? Auch ist die Stimmung nicht immer passend zur notwendigen Disziplin. Nicht bei allen. Nicht bei Wissensarbeitern und oft auch nicht bei Designern. Da ist ein neues Thema, das begeistert, da kann man nicht sagen, das mache ich später, jetzt ist jenes zu erledigen.

Warum nicht? Weil dann das eine, zu dem man sich zwingt, länger dauert, weil die Energie gerade für ein anderes Thema vorhanden ist. Das jetzt Interessante ist dann zu einem späteren Zeitpunkt, zu dem man es diszipliniert eingeteilt hat, nicht mehr so interessant und dauert dann auch länger. Mir ist oft aufgefallen, dass Dinge, die mich im Moment begeistern, schnell erledigbar sind. Dieser Gunst der Stunde muss man entgegen kommmen. 

Mein Lösungsansatz war: Ich unterteile die Hauptarbeit, das große, wichtige Projekt, in kleine Einheiten – in Pomodoros. Das sind keine abgeschlossenen Teilaufgaben, sondern bloß kurze Zeiträume (eben diese 25...30 Minuten) die ich mit anderen Pomodoros (also kleinen Aufgaben) unterbreche. Die große Arbeit wird durch die kleinen unterbrochen, abwechselnd arbeite ich an unterschiedlichen Themen. Das ist nicht für jeden passend, aber es ist für jene, die mehrere Dinge täglich erledigen müssen, die die Abwechslung mögen, eine brauchbare Vorgangsweise.

Die Pause zwischen den Pomodoros erhöhe ich auf 10 Minuten, denn man muss in der Pause überlegen, was man im nächsten Pomodoro konkret macht. Diese Überlegungen dürfen nicht im Pomodoro (innerhalb dieser 25...30 Minuten) stattfinden, denn die sollen reine Arbeitszeit sein.

Weiß man das, dann kann man auch überlegen, wie es gelingen wird, wie etwas gemacht werden soll; man muss sich in der Pause auf den nächsten Pomodoro einstimmen. Das ist deshalb notwendig, damit man nicht in eine dunkle schwarze Wolke segelt, nicht wissend, was da jetzt auf einen zukommen wird.

Das erinnert an die alte Regel: am Abend davor den nächsten Tag planen – oder wenigstens vorm Arbeitstag, z.B. bei Frühstück. Ich lege mir die Pomodoros (also das große Projekt und die kleinen Projekte dazwischen) und ihre Reihenfolge (als möglichen Ablauf) zurecht, ich plane das; damit ist die schwarze Wolke aufgelöst, ich weiß, was auf mich zukommt und in groben Zügen, wie ich es machen werde.

Zwischen den Pomodoros kleine »Belohnungen«: 5...10 Minuten (freilich erst nachdem man sich die notwendigen Handlungen im nächsten Pomodoro bewusst gemacht hat) etwas ausrasten, relaxen, ein wenig lesen, im Internet surfen, einen Filmschnipsel ansehen, Kaffee, Tratsch, ... Das spornt an, ermöglicht die notwendige Rekreation (vergleich »Amundsen ist die Lösung«).

Meine Absicht ist es, hieraus eine Vorgangsweise abzuleiten, die einem keine Disziplin (jedenfalls nicht in exorbitanten Ausmaß) abverlangt. Es muss leicht, freudvoll, automatisch gelingen; auch wenn man nicht gut drauf ist, unfröhlich, missmutig, oder sich gar faul fühlt. Es muss so leicht gehen, dass man es einfach macht (eben auch dann, wenn man faul sein will). Man gleitet förmlich in die Produktivität und hat Spaß daran.

Noch besser könnte es sein, wenn man für jeden dieser abwechselnden Pomodoros den Arbeitsplatz oder die Sitzrichtung wechselt. Wenn das die Hardware und das Raumangebot erlauben. Ich würde dann auf der anderen Seite meines Arbeitstisches sitzen oder im anderen Zimmer am Desktop-Computer arbeiten oder mit dem Laptop am ersten Sofa sitzend am ersten Gedankengang arbeiten, am zweiten Sofa sitzend am zweiten. Analog zu Disney würde man dann an bestimmten Orten an jeweils bestimmten Themen arbeiten. Das würde einem passende Inspiration geben und den Wechsel von einem zum anderen Thema erleichtern.

Fazit

Man muss planen, was in einem Pomodoro passieren soll, was erledigt werden will, was man zu machen vor hat, was zu tun ist. Wenn man erst dann beginnt zu überlegen, wenn der Pomodoro gestartet ist, dann verliert man zu viel Zeil und bekommt die Sache nicht fertig. Diese Planung muss relativ genau sein: nicht »am Projekt X arbeiten«, sondern »das Layout genau zeichnen/konstruieren« oder »die Schriftgrößen definieren«; nicht »am Design-Index weiterarbeiten«, sondern »die Firmen auswählen und die Gründe dafür notieren«. Wenn man das nicht schon vorher festlegen kann, dann ist das die Arbeit in der Pause, ein grobes Einstimmen könnte ausreichen.

10 Pomodoros täglich müsste man schaffen, also ernst (d.h. konzentriert) Arbeit vorangebracht; mir ist das im Test Di, Mi, Do gelungen – interessant, den am Fr hab ich darüber nachgedacht, wieviele man schaffen könnte. 16 Stück (?), weil wir ja 8 Stunden täglich arbeiten, somit jede Stunde 2 Pomodoros. Doch das wäre zu idealistisch, man schafft keine 8 Stunden konzentrierte Arbeit. Aber man schafft 5 Stunden täglich konzentriert zu wissensarbeiten. Daher: 10 Pomodoros. Naja, ein oder zwei weniger tiefe Pomodoros sind da auch dabei, die gibt es und die muss es geben. Das sind eMails bearbeiten, telefonieren, Rechnungsbelege sortieren oder Überlegungen welche und was in den Pomodoros erledigt werden soll.


PS: Wann immer du über eine Produkt-Innovation nachdenkst, du hast vier Möglichkeiten mit mir in Kontakt zu treten:

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