Innovation-Briefing Nr. 33

24/04/2023

Kommentar

Was sagst du dazu?

Ähnliche Beiträge

8:30 – Feistritz, Salzburg, Wien. Der leistbare Verlust ist eine Größe, die einem hilft, Innovationsbereitschaft herzustellen. Der leistbare Verlust ist ein Geldbetrag, Zeit, Reputation, ein Einsatz, den man riskieren kann, ein »Schmerz«, den man vielleicht auch spürt, dabei aber keinesfalls die Existenz, in welcher Dimension auch immer, gefährdet. So weit sind wir uns einig. Dazu stelle ich mein Arbeitsblatt* vor, zu dem wir im Innovation-Briefing Nr. 32 inspirierten. Es ist ein Rahmen, der die sechs Denkhüte des de Bono nutzt, um sich strukturiert über die Innovation klar zu werden.

* Schreib mir einfach eine eMail mit dem Betreff: »6C-Innovation-Audit« und ich sende dir das Arbeitsblatt zu.

Damit waren wir in unsere ersten Teildebatte: Ist es denn nicht zuerst bloß eine Idee? Müssen wir daher nicht von Ideen-Bewertung sprechen? 

Eine Innovation ist ... ja, was ist die Innovation? 

Landläufig sagt man – und da waren wir uns dann doch einig – eine Innovation ist eine umgesetzte, eine realisierte Idee. Doch Martin geht etwas weiter und definiert eine Innovation als eine Idee, die realisiert und die im Markt angekommen ist und die auch angenommen, also verkauft wird. 

Das erscheint uns anderen dann doch zu einschränkend. Was wären dann die realisierten Ideen? Jene Ideen, die umgesetzt wurden und dann noch jene, die umgesetzt und im Markt verfügbar sind, aber (noch) nicht gekauft werden (aus welchen Gründen auch immer, weil sie zu früh da sind).

Nein, die realisierte Idee ist eine Innovation. Wenn »der Markt« sie annimmt und kauft, dann ist sie eine verkaufbare Innovation. Dass aus einer Innovation eine verkaufbare wird, das ist häufig eine Frage der Kommunikation (selbst dann, wenn die Innovation, das Produkt, für sich spricht). Eine Innovation kann nicht zu früh für die Menschen da sein. Eine Innovation ist eine Verbesserung einer Situation und wenn die Menschen sie nicht kaufen, dann nur, weil sie nicht verstanden haben, warum es eine Verbesserung – warum es für sie eine Verbesserung sein soll. Das ist exakt meine Beratungsansatz: Unternehmer dabei zu unterstützen verkaufbare Innovationen zu schaffen. Verkaufbar sind sie dann, wenn sie anschlußfähig sind, wenn die Menschen verstehen, wie sie die Innovation, diese Erneuerung, in ihr Leben integrieren sollen. Die Innovation des Multitouch-Computers, des Smartphones, wurde anschlußfähig, weil man dieses Tablett sehr klein und als Telefon anpries. Jeder wusste sofort, was man mit dem iPhone (2007) machen konnte, das andere konnte man noch nicht ahnen und hätte man noch nicht verstanden. 2010, als das iPad vorgestellt wurde, war es einigen noch immer nicht klar; sie wunderten sich, warum man mit einem iPad nicht telefonieren können braucht. Heute ist der Umgang mit diesen Tabletts als Ergänzung zu anderen Computern den meisten klar.

Ist eine Innovation nur dann eine Innovation, wenn sie auch verkauft wird? Das BMC ist notwendig.

Werner nennt eine Innovation, die auch verkauft wird, ein Produkt.

Während sich die an Innovation interessierten Menschen in der Funktionalität verlieren, braucht es für das Produktmanagement auch betriebswirtschaftliche Aspekte.

Für die Entscheidung, ob eine Idee verfolgt und zur Innovation gemacht werden soll, da bringt das Arbeitsblatt* (siehe oben) Struktur in die Debatte. Es hilft dabei Meinungen zu kategorisieren, Fakten von Hypothesen zu trennen. Es ist kein Messwerkzeug für eine Go/No-Go-Entscheidung. Es ist ein Diskussionsrahmen für eine bessere, eine fundiertere Meinungsbildung. Wenn wir diese Meinungsbildung mit dem Business-Model-Canvas (BMC) ergänzen, dann können wir noch besser feststellen, ob wir diese Innovation verfolgen sollen. Das BMC leitet uns an, auch andere Facetten der Innovation, dieser Produktidee, zu durchleuchten: Wer ist die Zielgruppe, was will sie bezahlen, wie wird sie informiert, welche Aktivitäten muss ich dafür setzen, welche Ressourcen brauche ich, wer hilft mir dabei, etc. Ich erkenne dabei schnell, welchen Nutzen ich stiften kann, wie der bewertet werden könnte und ob der Nutzen höher ist als der notwendige Aufwand. 

Die Technik, meist der Ideengeber, ist interessiert an der Umsetzung. Aber umgesetzt ist es noch kein Produkt. Ein Produkt ist die Innovation dann, wenn sie auch verkaufbar ist, also vom potentiellen Kunden als interessant und relevant erkannt wird. Xerox hatte das Konzept für eine grafische Benutzeroberfläche für Computersysteme umfassend ausgearbeitet, aber anschlußfähig im Leben der Menschen wurde sie von Apple gemacht. Warum? Weil eine 1000-$-Maus vom Markt nicht akzeptiert wurde oder es dafür (damals!) auch noch keinen Markt gab. 40...50 $ für die Maus, das rückte die Idee, nein, die Innovation in die Nähe der Anschlußfähigkeit. Apple hatte es aber auch nicht gleich geschafft, denn der erste Computer dieser Generation, die Apple Lisa, war viel zu teuer. Erst der Macintosh schaffte diese Akzeptanzhürde. Für eine kleine Gruppe war nun der Nutzen höher als die noch immer beträchtlichen Kosten.

Unser Fazit und der Drift

Zuerst gilt es eine Idee zu konkretisieren (das Arbeitsblatt), dann wollen wir die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen abschätzen (noch nicht detailiert) und unser Wertversprechen prüfen. Das gelingt mit einem MVP, einem »minimal viable product«, der Minimalversion. Damit erkennen wir (und unsere Kunden) welchen Nutzen wir tatsächlich stiften, den Wert, den wir liefern.

Wobei, so betont Martin, wir den Begriff »Nutzen« breiter verstehen müssen. Es geht nicht immer nur um einen monetären Nutzen, es kann auch sozialer Nutzen sein, ein Vorteil für die Gemeinschaft, für die Gruppe, der nicht unmittelbar in Geld ausgedrückt wird. Auch die Innovation muss keine technische sein, es könnte auch eine »soziale Innovation« sein.

Die Technik, so betont Martin, ist Segen, kein Fluch. Fluch ist es nur dann, wenn die durch die Technik betroffenen Menschen, die zum Beispiel ihre Arbeit verlieren, nicht erkennen können, welche anderen sinnvollen Beiträge sie ab nun leisten können. Der Arbeitsverlust ist ja meist ein Gewinn an Lebensqualität (wenn man vom temporären Einkommensverlust absieht). Warum? Weil Maschinen uns die ausmergelnde Arbeit abnimmt, lieber ein Roboter als ein Mensch am Hochofen. Doch diese Menschen sind nützlich für die Gesellschaft und wir müssen sehen, wie wir deren Wissen, Fähigkeiten und Stärken an anderer Stelle wirksamer nutzen, als am Fließband und am Hochofen.

Am Ende driftet unsere Diskussion in eine KI-Debatte ab. Ist es eine Bedrohung? Quasi die Webstühle der Wissensarbeiter? Wir können es vielleicht noch nicht abschätzen, weil sich die Entwicklung im Moment so radikal beschleunigt. Doch halte ich es mit Richard Branson: »AI aggregates, but dyslexia innovates« Die KI kann uns in unserer Arbeit, unserer Wissensarbeit, unterstützen, so wie uns die Maschinen in unserer Muskelarbeit (beim Stapeln, beim Heben, Bohren, ...) helfen.

Jetzt ist es spannend, wie es da weitergehen könnte. Was meinst du, gibt es eine Grenzinnovation, ist KI so eine Grenze, die wir nicht überschreiten dürfen? Haben wir heuer die Technologische Singularität erreicht?

Komm ins Innovation-Briefing und diskutiere mit. 


PS: Wann immer du über eine Produkt-Innovation nachdenkst, du hast vier Möglichkeiten mit mir in Kontakt zu treten:

#BusinessModelCanvas #Managementdesign #DesignThinking #Servicedesign #Innovation


Also published on Medium.