Der Kunde (ein Avatar, eine Persona, ...)

18/01/2022

Kommentar

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Die Frage taucht immer wieder auf. Sie erscheint vielen Unternehmern (und Marketingleuten) als essentiell. Wer ist mein Kunde?

Aber so einfach, wie man diese Frage stellen kann, ist sie nicht. Was ist damit genau gemeint? Wer ist mein Kunde oder wer soll mein Kunde sein, im Sinne von, wie wünsche ich mir meinen Kunden? Es kann auch heißen, wie sind meine Kunden (die aktuellen) oder wie sollen meine zukünftigen Kunden sein? 

Die meisten meiner Workshop-Teilnehmer pendeln ohne es zu wissen, zwischen diesen beiden Polen, einer statistischen Momentaufnahme der Tatsachen und der Konkretisierung eines Wunschbildes.

Genausogut könnte ich frage, wer ist dein Lebenspartner, dein Mann, deine Frau? Frage ich nun nach der realen Möglichkeit, nach dem Ideal (also nicht erreichbar), nach dem Faktischen?

Zu wissen, wer mein Kunde ist, ist nützlich. Nur wenn ich weiß, wer mein Kunde ist, kann ich das passende Angebot machen. Das passende Angebot ist etwas, das mein Kunde braucht, wünscht, wonach der sich sehnt und das ich auch liefern kann und will.

Dabei ist es zuweilen nützlich, sich ein Bild eines Kunden zu machen. Die echten sind zu vielfältig. Man würde schnell »Diener mehrerer Herren« und würde es dann niemanden recht machen können.

Ich habe schon mehrmals die Problematik eines sehr nützlichen Tools aus dem Marketing aufgezeigt: Persona. Personas von Kundensegmenten dienen im Marketing anderen Zwecken (eben der Vermarktung) und sind im Design (und daher auch im Design-Thinking) nicht nützlich, denn wenn wir Design-Thinking anwenden, dann wollen wir ein Produkt (einen Gegenstand, einen Prozess, ein Service) entwickeln und nicht »bloß« vermarkten. Wir brauchen andere Daten.

Abschweifung: Das heißt nun keinesfalls, dass Design-Thinking nur für Produkte nutzbar ist. Diese Herangehensweise zur Problemlösung ist in allen Bereichen anwendbar, auch im Marketing, auch im persönlichen Leben, im Management, beim Teambuilding, für besseres Leadership, etc. Wenn du darüber mehr wissen willst, lass uns plaudern.

Wenn wir ein Problem lösen wollen und dafür unseren Kunden, dem Nutzer (User) ein Angebot machen wollen, dann ist es in der Tat nützlich, wenn wir uns mit dem »prototypischen Kunden« auseinander setzen. Wir können dabei Persona nutzen, wir können aber auch eine andere Methode anwenden, jene aus der Schriftstellerei, wenn wir Roman-Figuren modellieren, zum Beispiel nach einer Methode die Randy Ingermanson vorschlägt. Er sagt, wir müssen uns mit Zielen, Ambitionen und Werten der Figur beschäftigen.

Menschen verfolgen Ziele.

Ziele sind schlicht, konkret, wichtig, erreichbar, schwierig;

z.B. die 100 $-Note durch Anhalten der Luft erhalten; 90.000 € Umsatz in 2022 machen.

Ziele entstehen aus einer Ambition.

Eine Ambition ist immer abstrakt und muss erst definiert werden; es ist mein Streben, mein Traum;

z.B. reich sein; den Weltfrieden erreichen; den Klimawandel stoppen.

Ambition basiert auf Werte.

Werte sind Dinge, die mir wichtig sind; das, was ich schätze;

gut essen; ein schönes Haus; ein tolles Auto; beste Kleidung; schickes Makeup.

Die Werte sind der Grund für mein Streben (meine Ambition).

Um diese Werte zu erreichen, strebe ich nach einem Traum. 

Um diesen Traum zu erfüllen, setze ich mir Ziele. Das sind dann die konkreten Meilensteine.

Werte sind dem Einzelnen klar und offensichtlich (obvious), dem anderen nicht. Sie sind persönlich, sie können nicht allgemein ursächlich begründet werden; sie sind per definitionem subjektive Werte.

Warum will jemand 1 Mio € gewinnen? 

Weil er reich sein will? 

Warum will er reich sein? 

Weil er ein schönes Haus besitzen will? 

Warum will er ein schönes Haus besitzen? 

Das ist doch klar, jeder will ein schönes Haus besitzen? ... Jeder will einen Tesla fahren, nach New York reisen, eine Firma führen, Parties besuchen, am Formel 1 Zirkus teilnehmen, im Wald arbeiten, auf der Alm leben, etc.

Das ist überhaupt nicht klar – offensichtlich – obvious. Ganz und gar nicht.

Werte speisen sich aus Bedürfnissen

Peter Kornfeind würde uns nun wohl anregen, dass wir diese »Werte« hinterfragen sollen – warum? 

Diese Werte sind alles Dinge, die wir wertschätzen (!), die wir uns wünschen, die uns wichtig sind. 

Jetzt könnten wir fragen: Warum machen wir das, warum sind sie uns wichtig? 

Weil diese Dinge Bedürfnisse decken. Diese materiellen Werte sind keineswegs offensichtlich und für jedermann gleich, sie sind auch etwas anderes als es z.B. die Werte Loyalität, Gelassenheit, Gerechtigkeit sind. Es sind Dinge, die uns wertvoll sind. Es sind mitunter auch nur Symbole (für uns und für die anderen), die uns unseren Status zeigen und erleben lassen.

Konkretisieren – sichtbar machen

Hat man die Basisinformationen seines Characters (des fiktiven Kunden) erarbeitet – Name, Ziele, Streben, Werte, dann geht man tiefer – »unter die Haut.«

Was ist die Motivation der Figur, zu tun was sie tut; es hängt mit der Vergangenheit zusammen, mit Erlebnissen, wir erfinden (oder kennen echte) Geschichten zum (Kunden-/User-)Leben:

  • die Umstände der Person, des Kunden, des Users;
  • wie ist sie zu dem geworden, das sie heute ist;
  • wie hat sie sich entwickelt;
  • wen kennt sie, wer begleitete sie, was hat sie erlebt, welche Abenteuer erlebt;
  • wie war die Person (der Nutzer) in der Schule, als Jugendlicher, wie sind die Freunde, etc.;
  • wieso ist man in der aktuellen Situation;
  • welche Konflikte muss man ertragen;
  • wer ist der Bösewicht? Wo liegt die Bedrohung für die Person, den Helden?

Das beschreibe ich zunächst in einem Satz (dient zur schnellen Konsultation), den ich sogleich auf einen Absatz erweitere, für mehr Details. Das sind »Einstiegspunkte in die Haut des Kunden«.

Implizit lege ich damit auch die Bedürfnisse offen und also die Abstraktion; den Job-To-Be-Done.

Mein Ziel in dieser Sache ist klar. Ich will mich als Designer meiner Zielgruppe anpassen (ein Design-Chamäleon), will so sein, so handeln, so fühlen wie sie und dann, aus dieser Empfindung und Kraft meiner Kommunikationskompetenz, meiner Gestalterfähigkeit, eine Lösung für mich (als diese Figur) erschaffen – synthetisieren. Mit meinem Ergebnis konfrontiere ich echte Kunden, real und annähernd in der fiktiv definierten Siutation lebend. Ich mache das so früh als möglich, also gleich nachdem ich einen Status in der Produktentwicklung erreicht habe, der es ungeübten Menschen leicht erkennen lässt, was es ist und wie es wirkt.

Das wird nicht immer sofort gelingen. Dann muss ich überlegen, warum mein Produktvorschlag gescheitert ist. War er noch nicht klar genug verständlich oder ist er unpassend? Das ist es, was mit früh scheitern gemeint ist. Das Ziel ist nicht das Scheitern, sondern das frühzeitig Erkennen-wollen, ob man am richtigen Weg ist.

Wenn du Unterstützung beim Ausformulieren der Kunden-Figur, dieses fiktiven Characters, wünscht, dann gibt es zwei Möglichkeiten:

Achja, eine dritte gibt es auch noch:


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