(Logbuch-Eintrag 20220404.0630) — Ich arbeite am dritten Haupt-Kapitel von »3-Sprung zum besseren Produkt«, der Abschnitt über das Wertversprechen. Natürlich prüfe ich dazwischen immer wieder, ob meine Behauptungen zutreffen, z.B. dass der Begriff Value Proposition nicht leicht verständlich ist und mitunter mehr Nebel erzeugt als Klarheit, und stelle fest: mein Gefühl hat mich nicht getäuscht. Es gibt eine Menge, 1000e, Erklärungen zum Business-Model-Canvas. Alle scheinen sie mir Konkurrenten zu meinem Text zu sein (also Mitstreiter in der Aufklärung), aber alle vereinfachen sie das Modell und fassen zusammen, was wir in Osterwalders Text ohnehin auch lesen können. Die Texte sind zutreffend, manchmal ein wenig stärker simplifiziert, und allen gemein ist, dass ich als Leser sagen kann: klar, so ist das, recht einfach, ich notiere es (mein Geschäftsmodell) wie hier vorgeschlagen.
Und dann?
Dann fühle ich mich irgendwie verloren. Was mache ich jetzt damit?
Das dachten sich vermutlich auch ein paar dieser Autoren und sie veränderten und »erweiterten« das Business-Model-Canvas, z.B. weil jetzt die Kunden mehr in den Produktionsprozess eingebunden sind (zu sein scheinen) – man macht ja jetzt Co-Creation usw.
Anstatt zu versuchen, die Sachlage tiefer zu ergründen und einfacher (d.h. anwendbarer) zu erklären (so wie ich es für mich zu tun meine – siehe »9 Schritte zum besseren Business Model«), entwickeln sie ein neues Modell, ein neues Formular, das ich neu lernen kann und in das ich weitere Post-it einkleben soll.
Am Ende liegt ein komplexeres Canvas vor, aber meine Einsichten sind deshalb nicht umsetzbarer. Alle Erkenntnisse, die ich mit diesen neuen Modellen erlangen könnte, bekomme ich auch mit dem klassischen Modell. Wenn ich sie haben will, wenn ich verstanden habe, dass es nur darum geht. Ich muss darüber nachdenken wollen!
Doch vielen Anwendern (und Beratern) geht es offenbar nur um das Ausfüllen eines Formulars. Dann haben sie »brav« eine angesagte, gehypte Methode verwendet und dann arbeiten sie hemdsärmelig weiter. Bitte, hemdärmelig arbeiten ist nicht schlecht. Aber dafür braucht es Talent eines Musks, Jobs’, Bezos’ oder Bransons. Allen anderen ist das Business-Model-Canvas eine Hilfe das entscheidende Fünkchen Mangel an Talent zu kompensieren.
Mich interessiert beim Arbeiten am Geschäftsmodell mit dem Business-Model-Canvas die Konsequenz, die sich aus einem speziellen Post-it (also der Notiz darauf) für die Praxis ergibt.
Ja, mein Buch »9 Schritte zum besseren Business Model« erklärt es auch nur einfach, aber das ist das Fundament einer Reihe. Man muss sich mit dem Modell vertraut machen, die Struktur verstehen. Dann – und das betone ich in meinem Text – nützt man es als Leitfaden, um über sein Geschäft zu »philosophieren«. Diese »philosophische Debatte« dokumentiere ich hernach wieder im Business-Model-Canvas – zunächst stichwortartig, mit den Post-it, aber alsbald ausführlich mit einem kurzen Text (ein Blatt) zu jedem (!) der neun Felder. Damit erkäre ich mir, was ich meinte und beabsichtige.
Aus diesem Text extrahiere ich (und wohl auch du) als umsichtiger, zielorientierter Unternehmer, Maßnahmen und Aktivitäten. Ich definiere, was ich als nächstes tun muss und welche Ergebnisse ich bis wann daraus erwarte. Beim nächsten Termin evaluiere ich, ob das gelungen ist und notiere mir, warum oder warum nicht. Ich konsultiere wieder das Business-Model-Canvas, adaptiere eventuell, definiere meine nächsten Aktivitäten, usw.
Das Business-Model-Canvas ist mein Unternehmer-Dashboard für die Strategie und die Taktik; der Schirm in der Kommandozentrale.
Also published on Medium.