Das Business-Model-Canvas (BMC) nutzt dir für mehr Klarheit und Struktur und gibt Orientierung. Auch in Bezug zur Markenbildung, zur Formung von »Markensubstanz« und »Bauchgefühl« bei deinen Kunden. Zwei Felder des Business-Model-Canvas sind dafür höchst relevant.
Vor vielen Jahren stolperte ich über einen Artikel von Dieter Ahlert und notierte mir:
Eine Marke ist das Trägersystem für kollektive Deutungsmuster. Die Marke setzt sich zusammen aus einem veränderlichen Image und einer beständigen Substanz, die aus unbewußten Emotionen geprägt und durch Geschichten transportiert wird. Ahlerts Schlußfolgerung nach ist die Markensubstanz nicht machbar, sondern nur psychologisch beeinflussbar. Das individuelle Zeichen, das Erscheinungsbild aktiviert diese Deutungsmuster, hilft die Markensubstanz abzurufen. Diese Markensubstanz ist heute das eigentliche Forschungsrätsel, so Ahlert. siehe auch in »Absatzwirtschaft«]
Ein paar Jahre später fand ich dann eine griffigere, brauchbarere, dabei im Kern gleichen Aussage bei Marty Neumeier. Der schreibt uns in »The Brand Gap«:
Die Marke ist nicht das, was wir sagen, sondern das, was die sagen. Wir kennen das auch als: was jemand über uns sagt, wenn wir nicht im Raum sind. Neumeier betont, es geht um das Bauchgefühlt eines Menschen über ein Produkt oder eine Organisation. Wenn genügend Menschen das gleiche Bauchgefühl haben, dann kann eine Organisation sagen, dass sie eine Marke hat. (siehe auch hier.)
Der Bereich des BMC, mit dem wir das Bauchgefühl beeinflussen können, ist einer der schwierigsten und häufig unverstanden bearbeiteten Bereiche des Business-Model-Canvas. Es sind die Felder, die die Kundensegmente mit dem Produkt und Wertversprechen verbinden: die Beziehungen und die Kanäle.
Das eine (Beziehungen) ist vermutlich eines der schwierigsten Felder (so zeigt es sich in meinen Workshops und Sparrings). Das andere (Kanäle) ist wohl das am häufigsten verwendete Feld, weil das BMC oft aus Marketingmotivation angewandt wird. Diese beiden Felder werden entweder falsch ausgefüllt (man schreibt den Preis in das Beziehungsfeld) oder nur unvollständig (man nennt bei den Kanälen nur die Marketingmaßnahmen).
Obwohl ich immer darauf hinweise, dass man das Business-Model-Canvas nicht »richtig« oder »falsch« ausfüllen kann, kann man es trotzdem falsch ausfüllen. Nämlich auf eine Weise, die einem nichts bringt. Die die Intention, bloß eine Aufgabe erledigt zu haben, erkennen lässt.
Man kann das Business-Model-Canvas nicht falsch ausfüllen, weil es kein Lösungsheft dazu gibt; man kann es falsch ausfüllen, weil es keine Erkenntnis bringt. Oder weil man essentielle Dinge nicht notiert, erwähnt, bedacht hat oder keine Konsequenzen aus den getroffenen Entscheidungen zieht. Du weiß ja, eine Veränderung in einem Feld des BMC sendet eine Welle durch das gesamte BMC und erfordert fast immer Überlegungen in einigen anderen Feldern. (Mehr dazu in meinem Buch. »9 Schritte zum besseren Business Model«.)
Freilich ist eine vollständige Bearbeitung des BMC in der Ideenfindungsphase oder bei der Variantenbildung zunächst nicht notwendig; wohl aber spätestens wenn man in Betrieb geht, dann sollte man die Felder – dem Betrieb entsprechend – vervollständigen.
Beim Feld Kanäle ist das in Wahrheit nicht schwer: man notiert, (1) wie die Kunden vom Produkt (Wertversprechen) erfahren (das ist das Häufigste, das hat jeder: Social Media, Website, eNewsletter); (2) wie die Kunden entscheiden und sich sicher sein können (selten); (3) wie die Kunden kaufen (gelegentlich definiert, Paypal über die Website, im Geschäft); (4) wie die Ware geliefert wird (das weiß man, aber man notiert es nicht); (5) wie man die Kunden nachbetreut (manchmal als Teil des Marketings, eNewsletter, aber sehr selten). (Auch darüber liest du in meinem Buch. »9 Schritte zum besseren Business Model«.)
Beim Feld Beziehungen ist es knifflig. Was würde hier notiert werden müssen, damit es einen weiterbringt? (Findest du auch in »9 Schritte zum besseren Business Model«.)
Der Punkt ist, Entscheidungen in diesen beiden Feldern haben Auswirkungen auf die Wahrnehmung deines Unternehmens (egal ob Ein-Personen-Unternehmen, Kleinunternehmen oder Konzern). Das Logo, der grafische Auftritt, das reicht nicht, um eine »Marke« zu werden oder zu sein. Wenn diese beiden Felder von einer Person (persönliche Marke) oder einer Organisation (Weltmarke) nicht bewusst bearbeitet, also durch bewusste, absichtsvolle Entscheidungen befüllt werden können, dann gelingt nur ein verschwommenes Bild der »Marke« bei der Zielgruppe.
Im besten Fall.
Im schlechtesten Fall (und das ist häufig bei kleinen Unternehmen, die den Werbedruck finanziell nicht aufbringen können) bleibt man unerkannt. Man kommt über die Wahrnehmungsschwelle nicht hinaus und Weiterempfehlungen halten sich in Grenzen. Die Umsätzen können sich nicht in der vielleicht benötigten, jedenfalls selten in der tatsächlich (vom Marktangebot her) möglichen Größenordnung entwickeln. Man kann das Potential nicht ausschöpfen, kann eine bestimmte Umsatzgrenze nicht überschreiten, macht im schlimmsten Fall viel zu wenig Umsatz und sperrt wieder zu – trotz der großartigen Idee.
Man müsste diese eingangs erwähnte Markensubstanz herstellen können. Wir müssten das Bauchgefühl unserer Kunden über unser Geschäft absichtsvoll gestalten (designen) können.
Das Bauchgefühl, das die Menschen über unser Geschäft haben – so lernten wir oben von Marty Neumeier – ist unsere Marke (ich schrieb schon darüber: »[...] Wir haben alle eine nahezu idente Vorstellung über Ikea, BMW und Meinl. [...]«)
Damit wir Kunden dieses manchmal vage, aber überraschend übereinstimmende stimmige Bauchgefühl zu einem Unternehmen entwickeln, müssen ein Unternehmen diese beiden Felder des BMC kristallklar beschreiben können und sich danach verhalten; so gut wie möglich!
Je genauer es gelingt diese Entscheidungen umzusetzen, desto höher die Übereinstimmung unter uns Kunden und desto höher, stabiler und dichter unsere Markensubstanz (unser Bauchgefühl). Was im Markenbuch (im »Brandbook«) steht, ist letztlich für die Konsumenten irrelevant (es sollte jedenfalls das sein, was auch in diesen beiden Feldern stehen könnte). Kunden lesen das Brandbook nicht (es ist bei manchen Firmen paradoxerweise sogar geheim 😂), also wissen sie nicht vom Brandbook, was die Marke darstellt, sondern nur aus ihren Erlebnissen – aus Beziehungen und den Kontaktpunkten (den Kanälen).
In welcher Beziehung steht das Unternehmen, der Unternehmer und ihre Mitarbeiter zum Kunden und wie sind die Kanäle ausgeformt, durch die die Kunden das Wertversprechen erhalten?
Dazu eine Randbemerkung: wenn wir das Produkt ausgeliefert haben (ein Gegenstand, ein Prozess oder eine Dienstleistung), dann wird auch das Produkt zu einem Kanal, der das Wertversprechen liefert, sozusagen der sechste Kanal. Aber das würde den Rahmen hier sprengen, darüber berichte ich im zweiten Band zu »9 Schritte zum besseren Business Model«.
Der Effekt solch einer Anstrengung (naja, so anstrengend ist es nicht, man muss es bloß machen) ist, dass du damit mit der Zeit eine stringente Marke, einen starken Charakter, aufbaust und von interessierten, potentiellen Kunden erkannt wirst. Nützlich dafür ist freilich auch die Kenntnis über deine Motivation, dein Why.
Mit dem Business-Model-Canvas verschaffst du dir Klarheit und Struktur für bessere Orientierung darüber, wie du dein Geschäft weiterentwickelst.
Wann immer Du bereit bist, ... hier sind vier Möglichkeiten wie ich dich unterstützen kann:
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