(Logbuch-Eintrag 20220812.0812) — Wenn ein Kind einen Vater fragt, »Warum sind wir nicht reich (wohlhabend)?«, dann gibt es für gewöhnlich zwei Antworten.
»Geh, frog do ne so an Bledsinn, Bua!« oder »Es hat sich eben nicht ergeben.«
Kindermund tut Wahrheit kund. Dann muss man damit umgehen können. Der Hinweis auf den Blödsinn ist eine Art der Verdrängung, die Ursache den Umständen zuschreiben eine andere.
Es ergibt sich nichts! Man muss daran arbeiten. Man muss sich anstrengen, interessiert sein, die Interessen sortieren und man muss sie auch »vermarkten«, also den passenden Abnehmern anbieten. Man braucht freilich ein Gespür für die Umstände, für die Chancen, die einem das Schicksal zuspielt.
Das ist es nämlich, das sich ergeben muss, die Chance. Wir können sicher sein, dass wir alle diese Chancen (hunderte oder gar tausende) in unserem Leben bekommen. Das, was wir mit »es ergibt sich« vielleicht meinen, ist, dass wir diese Chancen erkannt und ergriffen haben. Kairos ist wieder da. Der kahlgeschorene Kopf mit dem Haarschopf vorne, denn ich erahnen, frühzeitig erkennen muss, damit ich ihn ergreifen kann.
Dazu brauche ich freilich Klarheit darüber, was mich interessiert und was die Menschen interessieren könnte. Ich brauche Orientierung, in welche Richtung ich gehen, mich entwickeln soll, damit ich die passenden Chancen erkennen und ergreifen und auch umsetzen kann.
Das lässt sich nicht so leicht sagen. Wir, jeder Einzelne von uns, wird von seiner Umwelt geformt, mitgeformt, und es ist schwierig die eigenen Stärken zu erkennen, zu trainieren und passend einzusetzen. Peter Kornfeind wäre ein interessanter Ansprechpartner für jemanden, der sich darüber klar werden will. Dieses Team (der drei wichtigsten Stärken) gibt eine Idee über die möglichen Richtungen.
Dann muss man bloß ehrlich zu sich sein und danach trachten seiner Berufung zu folgen. Das muss man früh machen, den für gewöhnlich ist man als junger Mensch noch sehr genügsam, übernachtet im Zelt, fährt mit der Bahn, arbeitet lange. Später, im Alter, ist das häufig schon schwieriger – aber auch möglich. Mit so einer tendenziell asketischen Lebensweise kann man mit geringem Einkommen seine Ziele ausloten, die Richtung finden, Projekte entwickeln. Allerdings – und das ist für junge Menschen meist ein Geheimnis – sollten diese Projekte schon in Richtung wirtschaftliche Verwertung deuten.
Irgendwie.
Vielleicht.
Es kann sein, dass man eben auch Glück haben kann, einfach seinem Wunsch folgt, einen passenden Umsetzer trifft, der das Talent erkennt, aufgreift, verwertet. So muss das bei den Beatles und anderen gewesen sein. Junge Musiker, die gerne musizieren und am rechten Ort vom rechten Experten getroffen werden.
Andererseits sind es viele Musiker, die ihre Leidenschaft strategisch verfolgten. Die überlegten, welcher Name, welche Vorgangsweise Erfolg (musikalischen) ermöglichen könnte. Das Geld war nicht der Treiber, sondern die Chance sich der Öffentlichkeit zu präsentieren, sie zu unterhalten. Queen und Freddie Mercury fällt mir als Beispiel dafür ein. Der erreichbare, offenbar astronomisch wirkende Umsatz war nicht das Ziel.
Dann ist man erfolgreich, auch wirtschaftlich erfolgreich, man hat keine Sorgen mehr den Lebensunterhalt zu finanzieren, was macht man dann?
Warum arbeiten so manche Pop-Stars noch immer?
Ich sehe einen Video-Artikel über Jeff Lynn (großartig) und da zeigen sie Jeff Lynn mit George Harrisson. Und man sieht da Harrison im Studio herumgehen und ich denke mir, der müsste doch nichts mehr machen, müsste doch keine Musik mehr aufnehmen, um Geld zu verdienen. Alle die da sind, müssten das nicht. Die Tantiemen reichten (so vermute ich), um die Ausgaben zu decken. Vielleicht – so kann man spekulieren – müssten sie dann einen Zahn im Lifestyle zurückstecken, aber das müsste dennoch noch immer ein luxuriöses Leben sein. Sie arbeiten, weil sie es wollen. Sie wollen etwas ausprobieren, wollen eine Vision realisieren. Das ist genau das, was wir uns suchen müssen, unsere Vision, die wir realisieren wollen. ¶ Ein kleines Detail gibt es da vermutlich schon. Die Arbeit, die diese Stars sich antun, muss keine Früchte, keine finanziellen Früchte tragen. Das ist der Unterschied zu manch anderen von uns. Wir wollen alle irgendwie eine Vision realisieren, aber wir müssen darauf achten, dass wir damit unseren (vielleicht ohnehin bescheidenen) Lebensunterhalt verdienen. Wir müssen also eine Leistung erbringen, die uns zwar Freude bereitet und uns unserer Vision näherbringt, aber dabei unbedingt auch den Bedarf potentieller Käufer bedienen. Denn nur wenn das der Fall ist, werden die es auch kaufen und nur dann werden wir genug verdienen, um ein gutes Leben leben zu können.
Entscheidend dabei erscheint mir aber immer noch die Tatsache, dass die höchste Motivation das Interesse an dem Projekt liefert. Nur dann wird es ein erfolgreiches. Erfolgreich im Sinne des Projektziels. Das ist nicht unbedingt wirtschaftlich erfolgreich, kann es aber auch sein und wird man auch anstreben.
Jemand sagt, du wirst enttäuscht sein, wenn du nur diesen statt jenem Umsatz machst. Ich antworte mir, keinesweg, ich definiere mich und meinen Erfolg nicht mit dem Umsatz oder dem Gewinn, sondern mit den Ergebnissen, den Wirkungen, mit der Anzahl der geschriebenen und veröffentlichten Bücher, der erfolgreich durchgeführten Sparrings. ¶ Ein Sparring ist dann erfolgreich, wenn der Gesprächspartner (das »Talent«) eine Transformation in die von ihm gewünschte Richtung schafft, wenn diese Person Klarheit gewinnt, ihre Gedanken sortieren und einordnen kann. Wenn sie sagen kann, ich weiß jetzt mehr, bin mir sicherer, kann mir erklären, wie ich es mir dachte, wünschte, es mir vorstelle und kann es mir auch argumentieren. Wenn das Talent sagen kann, ich fühle es als richtig, als gewiss, als stimmig. ¶ Das sind meine Erfolgskriterien, mit denen ich messe, ob ich »es« geschafft habe. Der Umsatz ist ein Nebeneffekt. Notwendig, aber er soll nicht meine Motivation sein.
Ich erlebte das einst. Geld als Motivation tötet langfristig den Enthusiasmus (vielleicht sogar schneller). Ist der Enthusiasmus gedämpft – was auf jeden Fall und sehr rasch passiert – dann sinkt die Qualität, damit die Begeisterung (die eigene, denn man weiß, was man könnte, und die der Kunden) und das setzt die Abwärtsspirale in Gang, denn nun will man mehr verdienen als gerade (aufgrund der sinkenden Begeisterung) gelingt, usw.
Freilich muss man auf der Hut sein, denn so eine Abwärtsspirale und Demotivation, so eine De-Enthusiasmierung kann einem auch von außen aufgedrängt werden. Dann nämlich, wenn potentielle Kunden Preis feilschen, Stunden zählen, Arbeit gering schätzen.
Übrigens fällt mir da auf, dass wir klar zwischen Arbeit und Leistung unterscheiden können. Es geht um den Wert der Arbeit, nicht um jenen der Leistung, oder? Leistung ist Arbeit in Zeit.
tbc.
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